Das XXII. Capitel.

Von der Warheit / auch Lügen und Betriegen.

[270] Ob wol die Warheit wird vergrabn /

Vnd eine weil muß unrecht habn /

So kompt sie doch die läng ans Licht /

Vnd macht die Lügen gar zu nicht /


Vom König Ludovico dem 6. lieset man daß er offtermals seinen Habit verändert hab / und sich unter das gemeine Volck vermischet und alda gehöret / was in der Warheit oder Lügen von seiner Person man sagen thue. Flitner in annal. Franc. cap. 24. pag. 600.


Red wenig und allzeit war /

Kauff nicht viel bezahl es baar /

Was nicht dein ist das laß auch liegn /

So wird dich keiner wied'r betriegn.


Als der König Antigonus mit verenderten kleidern /auff der Jagt einsmals sich von seinen Leuten verlohr / und in eines armen Baurs Häußlein die[270] Nacht kam /und da verbleiben must / fragte er die Leute im Hauß /was sie gutes vom König Antigono höreten / sie erzehlten von ihm alle Bubenstück und Laster damit er behafftet war / als ihn nun seine Diener früh suchten und funden / gaben ihm sein Königliches Purpur Kleid dar / sagt er zu ihnen / seither ich dieses Kleid angezogen / hab ich die Warheit nicht also gehört zu erzehlen von mir / als heute die vergangene Nacht. Cum homo agnoscit, DEUS ignoscit. Plutarchus.

Diogenes wurd einmahl gefragt / ümb welche Stund man zu Mittag am beqvemsten essen solte? dem gab er zur antwort / der Reiche solt essen wenn er wolte / der Arme wenn er könte; derhalben / nach dem einen Gott thut beschehren / also mag er zu Mittag auch zehren. Felix qvi potuit contentus vivere parvo. Flitner.


Verleumbd und Lüg ohn alle scheu /

Es hafft doch allzeit was darbey.


Einer vom Adel am Hartz wohnent ersticht seine Frau derwegen / daß er von der Magd vernimbt / wie die Frau mit dem Knecht habe zugehalten / als das Vnglück geschehen / sagte die Magd / sie hätte nicht vermeinet / daß er im schnellen Zorn sie erstechen würd / sie hätte ihr nur ein Geschlag zurichten wollen / dieweiln sie ihr vor dessen eine Maulschell gehen /und[271] sie es dadurch rechnen wollen. Johann Gigas in Postilla Festo Mich.


Diffamare cave, nam revocare grave.


Ein reicher Kauffman von Genua der belog eines redlichen Kauffmans Weib zu Pariß / daß sie in Leib und Lebens Gefahr darüber kam / sie riß aus / kam in Manskleidern an Soldans Hoff / erwarb Dienst und hielte sich gantzer 6. Jahr wol / da kommen zugleich ihr Mann mit dem Verleumbder / als Kauffleute nach Alexandria Kauffmanschafft zu treiben; als sie solche wol erkant / geht sie zu dem Soldan / klagt ihren zustand / der Soldan läst den Lügner und Verläumbder einziehen / ihn mit Honig bestreichen und auff eine Seul setzen / da ist er von Bienen / Hummeln / Wespen und Fliegen zu todt gestochen worden. Denn


Wie einer sich im Leben hält /

So folgt ihms Glück auff dieser Welt /

Zum Nutz odr Schaden sich anstellt.

Michael Sax in seinem Mahlschatz.


Warheit besteht / Lügen vergeht.


Ein Kauffman zu Placentz sagte auff eine Zeit er wolte lieber Bäpstisch als Lutherisch seyn / wenn er das gläube oder läugne / was der Bapst gläube oder läugne / so gläubete er schon alles / wenn er Lutherisch[272] werden solt / so müst er erst den Lutherischen Catechismum lernen in der Schrifft nachforschen /und aller erst den Kopff darüber zu brechen / das vermöchte und könte er nicht thun. Greg. de Valentia in annalib. de Ecclesia. pag. 205. und D. Conr. Diet. in Ps. pag. 169.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 270-273.
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