Dritte Szene.


[151] Die Königin im Reitkleide, schon während der letzten Worte Guldbergs eintretend. Gräfin Gallen ebenfalls im Reitkleide. Hofdamen die sich sogleich vom Pfeiler links bis an die Treppe aufstellen. Bald darauf der König.


KÖNIGIN. Wo bleibt Graf Struensee?

GULDBERG die Achseln zuckend. Wahrscheinlich überhäufte Regierungsgeschäfte –

KÖNIGIN ihn schon nach dem ersten Worte unterbrechend. Sieh da, Graf Ranzau! Ich freue mich Eurer Rückkehr. Wenn Ihr wohlauf seid, solltet Ihr uns begleiten, wir jagen auf dem zugefrornen Sunde, wo wir Falken steigen lassen, Euer Freund Struensee hat uns gefährliche Dinge gelehrt, aber wo bleibt er? Herr von Köller, ich bitte! Während sich dieser verbeugt, und nach rechts hinten abgeht, wird[151] die Tür rechts geöffnet, man hört von innen heraus den Ruf »der König«. Zwei Hartschiere treten heraus und stellen sich zu beiden Seiten der Tür auf. Ihnen folgen Hofleute, die sich gegen die Königin verbeugen und dann zwischen Pfeiler und Treppe den Hofdamen gegenüber aufstellen. Unterdes ist die Königin, ohne die Begrüßung zu erwidern, mit der Gräfin Gallen links in den Vordergrund getreten, und sagt halblaut zu dieser.

KÖNIGIN. Ranzau ist alt geworden!

GRAFEN GALLEN. Guldberg aber ist derselbe!

KÖNIGIN. Ach leider, und Neuer Ruf »der König«, und der König tritt ein. die andern auch! Sie geht dem Könige bis auf die Mitte der Bühne entgegen, unterwegs ihren Handschuh ausziehend. Sie verbeugen sich voreinander, und der König küßt ihr die Hand. Dann begrüßt er mit einer Handbewegung die Herren auf der rechten Seite.

KÖNIG. Ah, Ranzau! Sich unruhig im Kreise umblickend. Struensee?

KÖNIGIN. Er muß überhäuft sein, jedermann verlangt nach ihm.

KÖNIG nicht darauf hörend und unverwandt auf Lorenz blickend. Wer ist's?

GULDBERG. Ein Prediger aus Holstein, Majestät, ein Blutsverwandter des Herrn Grafen von Struensee. Er bringt dem Herrn Grafen Familiennachrichten, welche der Herr Graf hier anzuhören für nötig erachtet, denn er hat den deutschen Prediger hierher gesendet –

KÖNIGIN. Wie geht es mit dem Kopfschmerze Eurer Majestät?

KÖNIG. Wüst! Wüst! liebe Mathilde. Aber ich bin wohl – Struensee wird helfen –

KÖNIGIN. Eure Majestät sollten den sonnigen Wintertag zu einem Ausfluge benutzen, das würde den erhitzten Kopfnerven wohltun.

KÖNIG sich wiederum überall umblickend und mit erhöhter Stimme sprechend. Warum ist Struensee nicht zu sehn?


Kurze Pause.


KÖNIGIN leise und rasch zur Gräfin Gallen. Wenn ihm nichts begegnet ist, so ist sein Ausbleiben unverzeihlich!

GALLEN ebenso. Ich höre seinen Schritt! Man hört rechts hinter dem Pfeiler den Melderuf. Graf Struensee!

KÖNIG. Ah!

KÖNIGIN. Endlich!

GALLEN. Gott sei Dank!


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 24, Leipzig 1908–09, S. 151-152.
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