[222] In dem frischen ton Hans Vogels.
14. januar 1547.
1.
Frisch war einsmals die winterzeit,
frisch war der luft und hat geschneit.
ein herzog saß
zu Meilant, Franciscus genennet,
der wenig aß;
an frischer tat war er erkennet.
Sofronium (ein bürger war von Ast,
ein schmarotzer, der fraß ser fast)
den lud der fürst,
das er von seinem großen freßen,
frisch und getürst,
auch wider lustig würt zu eßen.
Man setzt im für ans fürsten tische
frisch grundel, heißgesotne fische,
frisch braten vögel ob der glut,
frisch kapaun und rebhüner gut,
frisch wiltpret reß,
frisch bier und darzu frischen weine,
frisch nüß und kes,
frisch neu gebachen semeleine.
2.
Frisch fiel der freßer an die fisch,
der fraß er neun stück gsoten frisch,
durch seinen munt
streift er sie hurtig von den greten
so frisch und runt,
des lacht der fürst mit all sein reten.[223]
Frisch fraß er grundel ane sum,
zwei hundert auf ein schnitten num;
mit bein und al
fraß er die frischen kramatvögel,
zwelf an der zal,
do wurt er erst mutig und gögel.
Vier feist kapaun er auch beropfet,
das ims schmalz übert backen tropfet,
fünf rebhüner er auch zerlegt
mit zimet negelein besteckt;
in seinen schlunt
er ein gespicktes wiltpret fraße,
fast auf drei pfunt;
auf ein schock welscher nüß auch aße.
3.
Frisch kes fraß er ein ganzes pfunt
und zwelf semel in seinen schlunt,
auch neun maß wein
trank er ob dem mal unbesunnen;
bart und brust sein
war gar durchaus mit wein berunnen.
Nach dem mal sprach er: »herr, ich bit,
ob ich so ser het geßen nit,
als wol het zimt,
tut mein unschult mit dem begnaden:
frü war bestimt
mir nit, das ir mich heut würt laden,
Derhalb ich heut ein süpplein aße,
darein ein laib geschnitten wase,
zwelf frischer eier, zwelf bratwürst,
und als mich heftig darauf dürst,
ich acht maß bier
trank, darum nemt hiemit vergute,
fürbaß ich schier
es beßer mach mit frischem mute.«
Buchempfehlung
1889 erscheint unter dem Pseudonym Bjarne F. Holmsen diese erste gemeinsame Arbeit der beiden Freunde Arno Holz und Johannes Schlaf, die 1888 gemeinsame Wohnung bezogen hatten. Der Titelerzählung sind die kürzeren Texte »Der erste Schultag«, der den Schrecken eines Schulanfängers vor seinem gewalttätigen Lehrer beschreibt, und »Ein Tod«, der die letze Nacht eines Duellanten schildert, vorangestellt. »Papa Hamlet«, die mit Abstand wirkungsmächtigste Erzählung, beschreibt das Schiksal eines tobsüchtigen Schmierenschauspielers, der sein Kind tötet während er volltrunken in Hamletzitaten seine Jämmerlichkeit beklagt. Die Erzählung gilt als bahnbrechendes Paradebeispiel naturalistischer Dichtung.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro