|
[338] 1.
Wacht auff jhr schöne vögelein/
Jhr Nachtigalen kleine/
Die jhr auff grünen zweigelein/
Noch eh die Sonn recht scheine/
Stimmt an die lautbar schnäbelein/
Gedräht von helffenbeine.
[338]
2.
Her/ her/ gefedert Schwesterlein/
Euch samblet zur gemeine/
Blaßt an die beinen psälterlein/
Jhr sämbtlich keusch vnd reine.
Lobt Gott/ lobt Gott/ jhr vögelein/
Jhr/ Jhr/ vnd all die seine.
3.
Lobt Gott/ jhr süsse schwetzerlein/
Jhr Nachtigalen kleine/
Jhr lufft- vnd wolcken-Sängerlein/
Für jhn bestelt alleine/
Mit euch zun besten liedelein
Ich harpff vnd Laut vereine.
4.
Ich euch zu lieb/ jhr pfeifferlein/
An holer Eichen leine/
Vnd euch die wilde färbelein
Mit worten klar bescheine;
Laßt gahn die klinglend stimmelein/
Zum tieffen wald hineine.
5.
Da seind viel klarer brünnelein/
Gefaßt in marmersteine/
Dort netzet vor die züngelein/
Nach ordnung ein/ vnd eine;
Da spület hälß- vnd gürgelein/[339]
Drauff besser singt jhr kleine.
6.
Den Tact gebt mit den flügelein/
So schickt sichs recht/ jhr feine;
Auch frewdig schwingt die federlein/
Wegt ärmelein vnd beine/
Erstreckt zum klang das hälselein/
Ein jedes thu das seine.
7.
Habt jhr kein sonders Liedelein/
So lernet nur das meine/
Ist gnug mit einem seufftzerlein/
Man darff der ander keine.
Singt nur allein: Gelobt sey GOTT/
GOTT Sabaoth alleine.
8.
Zu tausentmal gelobt sey GOTT/
GOTT Sabaoth alleine:
Zu tausent-tausent-tausent-mal/
GOTT Sabaoth alleine/
Vnd dan noch tausent-tausent-mal
GOTT Sabaoth alleine.
9.
Singt nur diß eintzig liedelein/
Das stücklein das ich meine:
Singt/ singt/ vnd klingt/ jhr vögelein;
Dan ich für frewden weine:[340]
Bin wund von süssem Liedelein/
Was hilfft daß ichs verneine?
10.
Fliegt hinn durch alle wäldelein/
Bleibt tag vnd nacht beyn eine/
Singt jmmer nur diß liedelein/
Bey Sonn- vnd Mone-scheine/
Gelobt sey Gott/ Gott Sabaoth/
Gott Sabaoth alleine.
11.
Sonn/ Mon/ vnd lützel Sternelein/
Wie gäntzlich ich vermeine/
Mit sampt der Erden pfläntzelein
Laub/ graß/ busch/ heck/ vnd zäune/
Thun werden ein schöns täntzelein/
Daß höll vnd Teuffel greine.
12.
Frewd bringen wirds den Engelein/
Den bösen bringt es peine;
Drumb singt jhr schöne vögelein/
Jhr Nachtigalen kleine/
Also will Gott gelobet sein/
Gott Sabaoth alleine.
13.
Gelobt sey Gott/ Gott Sabaoth
Singt tausentmal alleine/[341]
Gelobt sey Gott/ Gott Sabaoth/
Noch tausentmal alleine;
Vnd dan noch tausent/ tausentmal/
Gott Sabaoth alleine.
Ausgewählte Ausgaben von
Trutznachtigall
|
Buchempfehlung
Der junge Königssohn Philotas gerät während seines ersten militärischen Einsatzes in Gefangenschaft und befürchtet, dass er als Geisel seinen Vater erpressbar machen wird und der Krieg damit verloren wäre. Als er erfährt, dass umgekehrt auch Polytimet, der Sohn des feindlichen Königs Aridäus, gefangen genommen wurde, nimmt Philotas sich das Leben, um einen Austausch zu verhindern und seinem Vater den Kriegsgewinn zu ermöglichen. Lessing veröffentlichte das Trauerspiel um den unreifen Helden 1759 anonym.
32 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro