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[651] Ermanung zur gerechtigkeyt, daß Gott seiner Kirchen glider ewiglich erhalten wölle.
1.
Welchs mensch sich hat
im glauben Got
gar vnd gantz vbergeben,
Der seh wol zu,
daß er recht thu,
nach Gottes willn zu leben,
Durch welche werck
auff Gottes berg
er mög erhalten bleiben,
vnd merck gar wol
was wir jm hie fürschreiben.
2.
Wer einher geht
vnd wol besteht
für Gott mit gutem gwissen,
Von hertzen schlecht,
gantz frumb vnd grecht,
ist stehts dazu geflissen
Daß er in güt
mit rechtem gmüt
die warheyt red von hertzen,
on argelist,
on heuchelei vnd schmertzen.
3.
Wer des verschönt,
daß er nit hönt
seinn nechsten hinder rücken,
In nit beleugt,
auch nit betreugt
mit hinderlist vnd tücken,
Wer seine zung
gegn alt vnd jung
zum besten weyß zu zwingen
vnd schickt sich recht
in allen seinen dingen.
4.
Wer nit groß acht
gotlosen pracht
vnd sich nit an sie keret,
Sondern geht fort[651]
nach gottes wort,
die Gotsförchtigen ehret,
Wer seinen eyd
mit gutem bscheyd
seim nechsten schwert mit trewen
vnd helts jm gwiß,
den wirt es nimmer rewen.
5.
Wer nit sein gut
auff wucher thut,
daß er auff vorteyl dencke,
Hat stets gedult
mit der vnschuld,
nimpt vber sie kein geschencke,
Wer darnach streb,
daß er so leb
wie wir jm hie für schreiben,
wird hie vnd dort
ewig erhalten bleiben.
6.
Das hilff vns, HERR,
durch deine ehr,
wölst vnser immer walten,
Wir an deim wort
beid hie vnd dort
selig werden erhalten.
Dich, Vatter fron,
vnd deinen Son
wöllen wir Ewig loben,
dein Heilger geist
wöll vns mit gnad begaben.
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