Arbeitskammer

[287] Arbeitskammer nennt man den auf fünf Seiten geschlossenen, unten offenen Raum, der die ganze Grundfläche einer Preßluftgründung einnimmt.

Durch Einführung von Luft, deren Spannung diejenige der atmosphärischen Luft um die Höhe der Wassersäule übersteigt, unter der sich der unterste Rand der Kammer befindet, wird das Wasser aus derselben verdrängt. Dadurch ist die Möglichkeit geschaffen, in dieser Kammer wie in einer Taucherglocke zu arbeiten. Die Arbeit besteht meist darin, den Boden unter der Kammer abzugraben und auszuräumen, solange derselbe keine genügende Tragfähigkeit für das Bauwerk zu bieten scheint, das über demselben erstellt werden soll. Die Kammer erhält deshalb eine Höhe von 2–2,50 m, die gestatten soll, in derselben bequem zu arbeiten. Ueber der Decke der Kammer muß eine Last aufgebracht werden, die nicht nur verhindert, daß die Kammer infolge ihrer Wasserverdrängung gehoben werden kann, sondern noch weit höher gehalten werden muß, wenn das Fundament in den Boden eingegraben werden soll. Die Last muß in diesem Fall in der Tat nicht nur den Auftrieb überwinden, sondern auch noch die Reibung des Bodens gegen die Seitenwände des Fundamentes, so daß das Fundament nach Maßgabe des Aushubes in den Boden eindringt. Diese Belastung wird in den meisten Fällen direkt in jener Mauerwerksgattung ausgeführt, die den Gründungskörper bilden soll; sie besteht manchmal auch aus einem Ballast, wie Gußeisenstücke, der nach Bedürfnis verändert und entfernt werden kann. Wird die Decke mit Mauerwerk belastet, so muß auch die Arbeitskammer bis unter die Decke mit solchem ausgefüllt werden, nachdem die Ausgrabungen auf einen widerstandsfähigen Boden geführt haben. In diesem Falle bleibt die Arbeitskammer im Fundament eingemauert. Wird die Decke hingegen mit einem beweglichen Ballast belegt, so kann durch allmähliche Entfernung desselben die Kammer wieder gehoben werden. Dadurch ist die Möglichkeit geboten, auf dem zur Aufnahme des Bauwerkes passenden Boden in der Kammer selbst allmählich das Fundament aufzubauen und die Kammer zu andern ähnlichen Arbeiten wieder zu verwenden. Die Arbeitskammern werden in Eisen, Holz, Beton und in letzter Zeit wohl auch in armiertem Beton ausgeführt. Sie bestehen bei größeren Fundamenten oft aus mehreren aneinander stoßenden Kammern, die unter sich in Verbindung liehen. In diesem Fall sind die Scheidewände als Tragwände erstellt und man bezweckt durch Erstellung derselben eine einfachere Deckenkonstruktion. In die Arbeitskammer gelangt man durch eiserne Schachte, die auf der Decke aufgesetzt, mit Leitern versehen sind und über das Wasser herausragen. Durch die nämlichen oder durch spezielle Schächte wird der ausgegrabene Boden oder werden die Materialien zur Ausführung des Mauerwerks in der Arbeitskammer gefördert. – Zum Uebergang aus der Preßluft der Kammer in die freie Luft, oder umgekehrt, dienen Luftschleusen, die oben oder unten an den Schächten angebracht sind. Die Preßluft gelangt in Röhren durch die Decke in die Arbeitskammer. – Näheres s. Preßluftgründung.

Crd. Zschokke.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 287.
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