Ballistisches Pendel

[537] Ballistisches Pendel (erfunden von Benjamin Roberts 1740). Dasselbe ist ein schweres, um eine horizontale Achse drehbares Pendel, gegen das eine Geschützkugel abgeschossen wird, um die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der dieselbe das Rohr verläßt.

Es sei (s. Figur) S der Schwerpunkt des Pendels, dessen unterer Körperteil MN aus einem mit Erde gefüllten Karten besteht und in den die Kugel in der Richtung K A eindringt und dadurch das Pendel nötigt, sich um einen gewissen Ausschlagwinkel α um seine horizontale Achse O zu drehen. Ist ν die Geschwindigkeit, mit der eine Kugel von der Masse m eindringt, u die Geschwindigkeit derselben am Ende des Stoßes, von wo sie mit dem Pendel zusammen ein System bildet, F aber die sie treibende Kraft, so hat man nach dem Satze über die Bewegungsgrößen (oder Momentankräfte)


Ballistisches Pendel

oder wenn f der Mittelwert von F während der Stoßzeit ϑ ist,

m(vu) = fϑ.

Durch diese Momentanwirkung wird das System eine gewisse Winkelgeschwindigkeit ω um die Achse O erlangen, und zwar ist

Mk2 = lfϑ oder Mk2ω = ml(vu),

wenn M die Gesamtmasse, k der Trägheitsradius um die Achse O und O A = l ist. Hieraus folgt v = u + (Mlω)/m oder, da u = ist,


Ballistisches Pendel

Bilden wir jetzt die Gleichung der lebendigen Kraft des Systems. Diese ist null, wenn dasselbe den Ausschlagwinkel α erreicht hat, und besteht zu Anfang aus der lebendigen Kraft Mk2ω2 des Pendels und ml2ω2 der Kugel; ihr Wert ist daher zu Anfang

(Mk2 + ml2)ω2.

Die Arbeit der Schwere am Pendel ist M g k, wenn h = a(1 – cosα) die Höhe SH bedeutet, auf die der Schwerpunkt gehoben wird; die Arbeit der Schwere an der Kugel ist – m g h', wo h'/h = l/a, also – m g h' = – m g l h/a wird. Demnach ist die Gesamtarbeit der Schwere


Ballistisches Pendel

und wird die Gleichung der lebendigen Kraft


Ballistisches Pendel

Diese Gleichung liefert in Verbindung mit


Ballistisches Pendel

die Größen ω und v, deren letztere zu bestimmen die Aufgabe war. Es wird:


Ballistisches Pendel

Damit die Achse O keine Erschütterungen erleide, welche die Genauigkeit der Beobachtung des Winkels α beeinträchtigen können, muß A der Schwingungspunkt des Pendels, d.h. O A = l die Länge des einfachen Pendels sein, das mit dem vorliegenden physischen Pendel gleiche Oszillationsdauer hat, nämlich l = a + (k20)/a, wo k0 der Trägheitsradius für die durch S zur Achse O parallel gelegte Achse ist. Den Winkel α beobachtet man mit Hilfe einer am tiefsten Teile des Pendels angebrachten Spitze.


Literatur: Cranz, C., Kompendium der theoretischen äußeren Ballistik, Leipzig 1896, S. 421.

(Schell) Finsterwalder.

Ballistisches Pendel
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 537.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:

Buchempfehlung

Wieland, Christoph Martin

Alceste. Ein Singspiel in fünf Aufzügen

Alceste. Ein Singspiel in fünf Aufzügen

Libretto zu der Oper von Anton Schweitzer, die 1773 in Weimar uraufgeführt wurde.

38 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon