Hanfseile

[773] Hanfseile finden im Maschinenbau Verwendung als Aufzugfeile für Hebezeuge und als Treibseile zum Hanfseiltrieb (s.d.). Außer den Rundfeilen kommen Quadrat-, Dreikant- und Flachseile vor.

Sie bestehen aus badischem Schleißhanf oder aus Manilahanf, der steifer, gegen Feuchtigkeit widerstandsfähiger und heller ist, oder aus russischem Reinhanf von geringerer Güte und grauer Farbe. Manilaseile eignen sich für Triebe im Freien und für Hauptantriebe mit großen Scheiben. Mit Teer warmgetränkte Seile benutzt man wegen ihrer Unempfindlichkeit gegen Nässe hauptsächlich im Schiffsverkehr. Treibseile dagegen werden mit Seilfett aus Talg und Graphit getränkt und monatlich damit eingeschmiert.

Die Zugfestigkeit neuer Seile beträgt 700–900 kg/qcm, bei alten Seilen nur die Hälfte. Der Elastizitätsmodul schwankt um 6500 kg/qcm für badischen Schleißhanf und um 5000 für Manilahanf. Das Einheitsgewicht, abhängig von der Drehung und dem Feuchtigkeitszustande, nimmt mit wachsender Seildicke ab; die Beziehung dieser Zahl 1–0,9 zu dem spez. Gew. 1,5 von Hanf gibt das Verhältnis des wirklichen Stoffquerschnittes zum Seilquerschnitt an.

Rundseile bestehen aus drei oder vier Litzen. Zu ihrer Herstellung werden viele rechtsgängig gesponnene Garne in ringförmigen Lagen linksgängig zu Litzen gefeilt und diese rechtsgängig mit nahezu 45° Steigung zu dreilitzigen Seilen oder mit Einlage einer schwachen Hanfseele zu vierlitzigen Seilen fest zusammengedreht. Lose geschlagene Seile sind leichter, biegsamer, aber weniger dauerhaft. Man mißt den Umfang u eines Seiles und bezeichnet d = u/π als seinen Durchmesser, πd2/4 als Querschnitt. Bei der Belastung strecken sich die Seile und drehen sich bis zu gewissem Grade auf, soweit sie daran nicht etwa verhindert sind, kehren aber nach der Entlastung wieder zurück.

Runde Aufzugseile in Stärken von 15–60 mm:


Hanfseile

Die Seilstärke d = 3,5√Q für Qt für Scheiben mit D = 10d entspricht 100 kg/qcm Zugspannung; für D = 7d ist d = 4√Qt zu rechnen; z.B. d = 3,5 cm oder 4 cm für 1 t = 1000 kg.

Treibseile im Stärken von 25–55 cm:


Hanfseile

Die zulässige Spannung der Transmissionsseile, berechnet für die doppelte Umfangskraft, beträgt 10–15 kg/qcm bei Scheiben von D = 30d – 50d. Die üblichen Seile von d = 50 mm Stärke aus Schleißhanf, fest geschlagen, haben ein Gewicht von 1,9 kg/m und kosten 3 M./m.

Quadratseile werden aus acht Litzen durch Flechten hergestellt. Sie sind biegsamer als Rundfeile und drehen sich nicht unter der Belastung. Fig. 1 zeigt den Querschnitt; die Diagonalansicht Fig. 2 soll anzeigen, daß vier linksgedrehte Litzen mit vier rechtsgedrehten Litzen über Kreuz verflochten sind. Die zur Herstellung benutzten Flechtmaschinen haben besondere Einrichtungen zur Erzielung gleichmäßiger Spannung der Litzen und zur Vermeidung ihrer Verdrehung, D.R. P. Nr. 67635 von Bek in Mannheim. Um die Streckung im Betriebe zu mindern, werden die Seile in der Fabrik ausgereckt und bleiben bis zum Gebrauch auf Trommeln gewickelt. Der Querschnitt eines Seiles von a cm Dicke beträgt 0,85 a2, das spez. Gew. 1–0,95. Hinsichtlich der Belastung, der Rillenform und des Preises gilt ein Quadratseil gleichwertig einem um 5 mm dickeren Rundteil. Ist die Scheibengröße beschränkt, so darf man mit D auf 15 a für a = 25 mm bis 25 a für[773] 55 mm heruntergehen. Spleißungen auf 5 m Länge lassen sich ohne Verdickung ausführen; beim Zusammenlegen der Enden ist eine Verdrehung des Seiles zu vermeiden. [Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1898, S. 373.]

Dreikantseile werden aus sechs Litzen geflochten. Sie haben 35–50 mm Stärke, 0,75d2 Querschnitt und 1–0,9 Einheitsgewicht. Sie legen sich gut in Rillen von 45° nach Fig. 1 und sind so biegsam, daß man bis auf D = 18d herabgehen kann.

Flache Seile aus Manilahanf, geteert, finden als Förderseile an Nebenschächten Verwendung und wickeln sich auf Bobinen von 50–80facher Seildicke. Sie haben 30–60 mm Dicke und 100–200 mm Breite bei vier Litzen, 150–300 mm bei sechs und 200–400 mm bei acht Litzen. Einheitsgewicht 1, Zugfestigkeit 900 und zulässige Spannung 100 kg/qcm; Preis 1,30 ℳ. pro 1 kg; s.a. Gurte.

Lindner.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 773-774.
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