Normallösungen

[663] Normallösungen dienen zur Ausführung der chemischen Maßanalyse, d.h. die quantitative Ermittlung chemischer Körper erfolgt auf volumetrischem Wege (Maßanalyse); s. Analyse, Bd. 1, S. 184.

Die Methode (auch Titriermethode genannt) arbeitet mit Lösungen von bestimmtem Gehalte, die Lösungen werden mit Büretten und Pipetten gemessen und lassen so quantitative Bestimmungen vieler Körper zu, ohne fortwährend eine Wage benutzen zu müssen. Die Methode beruht auf folgendem Gedanken: Um eine in Lösung befindliche Verbindung x in eine andrem zu verwandeln, ist eine der Menge von x proportionale Reagenzmenge z nötig. Kennt man z sowie seinen Gehalt an dem Reagens, so berechnet sich daraus x. Um solche Untersuchungen ausführen zu können, muß die zu untersuchende Substanz löslich sein, man braucht ferner die Normallösung von genau bekanntem Gehalt und meist auch ein besonderes Mittel (einen Indikator), um zu erkennen, daß von der Normallösung eben die genügende Menge zugesetzt ist, um die gewollte vollständige Umsetzung von x zu erreichen. Indikatoren sind Lackmustinktur, mit Alkalien blau, mit Säuren rot werdend, Phenolphthalein, mit Alkalien intensiv rot werdend, mit Säuren farblos, Methylorange, mit Säure rot, mit Alkalien gelb werdend, u.a. Die Normallösungen sind entweder empirisch eingestellt oder sie enthalten bei chemischen Elementen das Atomgewicht, bei einwertigen chemischen Verbindungen das Molekulargewicht in Grammen im Liter Wasser gelöst. Es gibt aber auch alkoholische Normallösungen. Zweiwertige Verbindungen enthalten das halbe Molekulargewicht in Grammen gelöst, z.B.

Normalschwefelsäure: SO4H2/2 = 98/2 = 49 g H2SO4 oder 40g SO3 im Liter;

Baryumhydroxyd: (Ba(OH)2 + 2H2O)/2 = 170,9/2 = 85,5 g Ba(OH)2 = 76,5 g BaO.

Normallösungen mehrwertiger Verbindungen enthalten hiernach das Molekulargewicht in Grammen, dividiert durch die Zahl der Wertigkeit, wie denn alle für die Normallösungen abzuwägenden Normalgewichte sich sonach auf 1 g Wasserstoff beziehen. Wird der zehnte oder hundertste Teil des Normalgewichtes im Liter Wasser (Alkohol) gelöst, so spricht man von 1/10 und von 1/100 Normallösungen und bezeichnet sie auch mit N/10, N/100; ist die Lösung eine alkoholische, so wird sie als solche bezeichnet, z.B. »Alkoholische Normalkalilauge«.

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 663.
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