[516] Eisenbahnberufskrankheiten sind die das Personal der Eisenbahnen infolge ihrer dienstlichen Tätigkeit betreffenden Krankheiten. Der häufige und starke Temperaturwechsel, übermäßige Anstrengung im Dienste, das Einatmen schädlicher Gase und Staubteilchen, die beständigen Erschütterungen namentlich des Lokomotivpersonals sowie auch die Unregelmäßigkeiten in der Lebensführung wirken nachteilig auf das Personal ein. Die Erhebungen des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen haben zuerst seit 1868 sichere Unterlagen für die Beurteilung der ganzen Angelegenheit geschaffen. Nach der Statistik für 1886 erkrankten von 100 Beamten im Durchschnitt 51, beim Maschinenpersonal 89, beim Fahrpersonal 66, bei den Weichenstellern 53, beim Bewachungspersonal 42, bei den Stationsbeamten 36, bei den Bureaubeamten 26. Auch die Sterblichkeit und Invalidität beim Fahrpersonal übersteigt diejenige bei sämtlichen Beamten um folgende Prozentsätze:
Am häufigsten sind Erkrankungen der Verdauungsorgane (infolge der Unregelmäßigkeiten), Rheumatismen und Erkrankungen der Atmungsorgane, die beiden letztern und ganz besonders die Rheumatismen vorzugsweise beim Fahrpersonal. Dabei zeigt sich aber hinsichtlich der Erkrankungen der Atmungsorgane beim Fahrpersonal, daß keineswegs die chronischen Formen vorwiegend ausgebildet werden; im Gegenteil ist das Fahrpersonal in bezug auf diese dem übrigen Personal gegenüber eher begünstigt. Auffallend häufig sind beim Lokomotivpersonal Neuralgien (Gesichtsschmerz, Hüftschmerz), während sich für Rückenmarksaffektionen überall normale Zahlen ergeben. Von größtem Belang für die Sicherheit des Dienstes ist das Auftreten der Farbenblindheit, die aber nicht durch den Dienst erworben wird. Die Lokomotivführer sind auf Farbenblindheit und auf die Beschaffenheit ihrer Augen überhaupt beim Eintritt in den Dienst zu prüfen, und in besondern Fällen sind spezielle Nachprüfungen vorzunehmen. Ähnliches gilt für Ohrenleiden, für deren chronische Formen (katarrhalische, rheumatische, nervöse) keine Berufsklasse ein höheres Kontingent stellt als das Lokomotivpersonal. Weiteres s. Eisenbahnhygiene. Vgl. Weber, Die Gefährdungen des Personals beim Maschinen- und Fahrdienst (Leipz. 1862); Rigler, Über die Folgen der Verletzungen auf Eisenbahnen (Berl. 1879); Derselbe, Über die im Eisenbahndienst vorkommenden Berufskrankheiten (das. 1880); Behm, Statistik der Mortalitäts-, Invaliditäts- und Morbilitätsverhältnisse bei dem Beamtenpersonal der deutschen Eisenbahnverwaltungen (das. 1876, mit Nachträgen); Finkelnburg, Ergebnisse der Erkrankungsstatistik bei 15 deutschen Eisenbahnverwaltungen (das. 1878); Großmann, Über die Anforderungen des Eisenbahndienstes an die menschliche Gesundheit (Wien 1882); Brehmer, Eisenbahnhygiene (in Weyls »Handbuch der Hygiene«, Jena 1896).