Erziehungsanstalten

[93] Erziehungsanstalten, im weitern Sinn alle Anstalten, die der Erziehung der Jugend dienen, also auch Schulen. Im engern Sinn Anstalten, die zumeist neben dem Unterricht auch die sonstige leibliche und geistige Pflege ihrer Zöglinge übernehmen. Nach deutschem Staatsrecht stehen alle E. unter Aussicht des Staates, dessen zuständige Beamte berechtigt sind, die geeignete Vorbildung wie die sittliche und staatsbürgerliche Unbescholtenheit der an ihnen arbeitenden Erzieher zu prüfen und von ihrer gesamten innern Einrichtung jederzeit Kenntnis zu nehmen. In einigen außerdeutschen Staaten (Belgien, Großbritannien, Frankreich etc.) ist dagegen jede Einmischung des Staates in den Betrieb privater E., die über das allgemein polizeiliche Maß hinausgeht, gesetzlich ausgeschlossen und, falls Mißbräuche in solchen vorkommen, deren Ahndung und Abstellung lediglich der Polizei und den Gerichten vorbehalten. Vgl. das preußische sogen. Schulaufsichtsgesetz vom 11. März 1872 (»Die Aussicht über alle öffentlichen und privaten Unterrichts- und Erziehungsanstalten steht dem Staate zu«); dagegen Art. 17 der belgischen Verfassung vom 7. Febr. 1834 (»Der Unterricht ist frei. Jede Präventivmaßregel ist untersagt«). – Über E. im Sinne von Besserungsanstalten s.d., weiteres unter »Gefängniswesen«, »Jugendliche Verbrecher«, »Zwangserziehung« u. »Fürsorgeerziehung«. – Wegen der neuerdings vielbesprochenen Liesschen Erziehungsanstalt s. Landerziehungsheim.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 93.
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