Giusti

[873] Giusti (spr. dschústi), Giuseppe, Italiens größter politischer Satiriker, geb. 13. Mai 1809 in Monsummano, gest. 31. März 1850 in Florenz, studierte gegen seine Neigung zu Pisa die Rechte und bereitete sich dann in Florenz auf die Advokatur vor. Da dies ihm aber die Rechte vollends verleidete und eine unglückliche Liebe seine schwache Gesundheit erschütterte, entsagte er dem praktischen Leben und widmete sich ganz der Dichtkunst. Schon 1835 machte sein handschriftlich ohne Namen umlaufendes Gedicht auf den Tod Kaiser Franz' I.: »Il Dies Irae«, durch den unerhörten Freimut der Sprache großes Aufsehen. Ihm folgte eine Reihe andrer, die ebenso kühn wie scharf die herrschenden politischen und sozialen Mißbräuche und Torheiten geißelten. G. bekämpfte ohne Unterschied alle extremen Parteien. Besonders bemerkenswert sind: »Lo Stivale« (1836) und »L'Incoronazione« (1838); »La vestizione d'un cavaliere« (1839), in dem die Sucht nach Adelstiteln lächerlich gemacht wird; das »Brindisi di Girella« (1840), gegen die politische Wetterwendigkeit; gegen die sozialistischen Utopien gerichtet »Gli umanitari« und »Gli immobili ed i semoventi« (1841) u. a. Bis 1844 zirkulierten Giustis Gedichte nur handschriftlich. Erst das Erscheinen einer verfälschten Ausgabe bewog ihn, selbst eine Ausgabe zu veranstalten (»Versi«, Bastia 1845). 1845 gelangte G. auf den Höhepunkt seiner Schaffenskraft. In rascher Folge entstanden seine Meisterwerke: »Il papato di Prete Pero«, »Gingillino«, »Sant' Ambrogio« (1846). Nach der Erhebung Pius' IX. auf den päpstlichen Stuhl erschienen von ihm: »Il congresso de' Birri« (1847) und »I spettri del 4 settembre« (1847). 1848 wurde er zweimal in die toskanische Deputiertenkammer gewählt; als er jedoch nach dem Sturz des Ministeriums Capponi seinem Zorn gegen die Anarchisten in den »Delenda Carthago« (1846) und »L'Arruffa-popoli« (1848) Luft machte, verschrie man ihn als Reaktionär. Der Schmerz hierüber verschlimmerte sein körperliches Leiden und beschleunigte seinen Tod. Mit großem Geschick bediente sich G. in seinen Gedichten des echt toskanischen Dialekts. Sie sind daher reich an Idiotismen, auf denen ein großer Teil des Reizes und der Wirkung seiner Poesie, aber auch die Schwierigkeit[873] ihres Verständnisses beruht. Die erste nach seinem Tod erschienene Gesamtausgabe seiner Gedichte (Flor. 1852) wurde verboten und vernichtet. Seit dem Umschwung der Dinge in Italien sind sie jedoch sehr oft, zum Teil mit bis dahin ungedruckten Stücken vermehrt, herausgegeben worden (von Carducci, Flor. 1859, 3. Aufl. 1862; mit Kommentar, Flor. 1868–1873; mit Anmerkungen von Fioretto, 4. Aufl., Verona 1889, 2 Bde.; mit Kommentar und Illustrationen, 4. Aufl., Mail. 1882). Eine deutsche Übersetzung lieferte P. Heyse (Berl. 1875, 2. Aufl., in den »Italienischen Dichtern«, Bd. 3, das. 1889). G. schrieb auch einen »Discorso della vita e delle opere di Giuseppe Parini« (Flor. 1846) und veranstaltete die »Raccolta di proverbi toscani« (das. 1853, vermehrte Ausgabe von Capponi, 1871). Weiter sind zu nennen die »Scritti vari in prosa e in versi« (Flor. 1863) und die »Nuova raccolta di scritti inediti« (das. 1867). Seinen Briefwechsel (»Epistolario«, 1859; 2. Aufl., Flor. 1885, 2 Bde.) gab Frassi heraus, »Lettere famigliari inedite« Babbini Giusti (1898) und seine wichtigen »Memorie inedite« (1845–49) F. Martini (Mail. 1890). Vgl. G. Fioretto, G. G. eil suo tempo (Verona 1877); G. Ghiverrani, G. ei suoi tempi (im »Propugnatore«, 1875); Leonardis, Il Giusti lirico eil G. satirico (Genua 1887); Martini, Giuseppe G. (Flor. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 873-874.
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