Grabwespen

[201] Grabwespen (Mordwespen, Sphegiden, Crabronidae Gerst.), Insektenfamilie aus der Ordnung der Hautflügler, vielgestaltige, zierliche Tiere mit meist gestieltem Hinterleib, meist kurzen, ungebrochenen Fühlern, langen, schmalen, nicht faltbaren Vorderflügeln, gedornten Schienen und Tarsen, die Weibchen mit nicht abbrechendem Giftstachel. Die G. sind über die ganze Erde verbreitet, und man kennt gegen 1200 Arten. Die Weibchen, von Honig und Blütenstaub lebend, legen ihre Brutzellen meist unter der Erde, am Ende eines oft tiefen Ganges, zuweilen auch in Holzpfählen, Baumzweigen etc. an; die Larven leben von Raupen, Käferlarven, welche die Mutter durch einen Stich mit dem Giftstachel lähmt oder tötet. Sie bringt der in einer offenen Zelle hausenden Larve täglich neues Futter oder füllt die Zelle mit so vielen Insektenkörpern, wie für die ganze Entwickelungszeit der Larve nötig sind, belegt die Zelle dann mit einem Ei und verschließt sie. Meist erbeuten die einzelnen Arten ganz bestimmte Insekten, einige schmarotzende Gattungen legen ihre Eier in fremde, schon mit Futter gefüllte Zellen von Grabwespen. Die gemeine Sandwespe (Ammophila sabulosa L. s. Tafel »Hautflügler II«, Fig. 7), 19–22 mm lang, schwarz, am zweiten, dritten und vierten Hinterleibsring rot, auf dem letzten mit schwarzem Fleck; der Stiel des Hinterleibes ist sehr lang und dünn, zweiringelig, länger als der hintere, spindelförmige Teil. Sie gräbt an offenen, sandigen Stellen ihre Nester, bringt in jedes eine gelähmte große, wenig behaarte Raupe, legt ein Ei und schließt das Nest durch Steinchen etc. Die Larve verpuppt sich nach vier Wochen, und bald schlüpft dann die Wespe aus. Die letzte Generation des Jahres überwintert als Larve oder Puppe. Der bunte Bienenwolf (Philanthus pictus Fab., s. Tafel »Bienen«, Fig. 9), 16 mm lang, schwarz, auf Kopf und Thorax dicht gekörnt, mattgelb, am Hinterrande des Prothorax, am Schildfleck, Saum und an den Seiten der Hinterleibsringe goldgelb, am untern Teil des Gesichts und drei Stirnflecken weißgelb, an der Schenkelspitze, den Schienen und Tarsen rostgelb, gräbt bis 30 cm lange Gänge im Sand und trägt auf jedes Ei 4–6 Honigbienen ein. Die Wespe kommt im nächsten Juni zum Vorschein. Die Bastardwespe (Bembex rostrata L.), 15–18 mm lang, schwarz, an Kopf und Brust grau behaart, auf dem Hinterleib mit welligen schwefelgelben Binden, nistet im Sand und füttert die heranwachsenden Larven mit Fliegen. Vgl. Fabre, Observation sur les mœurs des Cerceris und Études sur l'instinct et les métamorphoses des Sphégiens (in den »Annales des sciences naturelles«, vierte Serie, Bd. 4 u. 6); G. und E. Peckham, On the instinct and habits of the solitary waspsWisconsin Geological and Natural history Survey«, 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 201.
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