[488] Levirātsehe (v. lat. levir, der Schwager, d.h. Bruder des Mannes), Ehe mit dem Levir oder dem männlichen Agnaten (s. d.) des verstorbenen Ehemannes. Wir finden diese Sitte, die darauf fußt, daß das größte Unglück eines Mannes darin besteht, ohne einen männlichen Nachkommen zu sterben, bei einer Reihe von Völkern (Indern, Afghanen, Drusen, Persern u.a.). Bei den Indern war sie unter der Bezeichnung Niyoga (Auftrag) gesetzlich geregelt. Das mosaische Gesetz (5. Mos. 25, 5 ff.) bestimmte, trotz des entgegenstehenden Eheverbots 3. Mos. 18, 16 und 20, 21, daß der Bruder eines kinderlos verstorbenen Mannes dessen Witwe ehelichen mußte, damit sein Name und Geschlecht nicht mit ihm aussterbe. Der erstgeborne Sohn dieser Ehe ward dem verstorbenen Bruder zugerechnet und erhielt dessen Namen. Verweigerte der Schwager die Ehe, so ward die Dispensation durch eine gerichtliche Formel (chaliza) perfekt. Die Bruderswitwe zog in Gegenwart der Ältesten dem Schwager, der alle Ansprüche an das Erbe des Bruders verlor, vor Gericht den Schuh aus, spie vor ihm aus und rief: »So geschehe dem Mann, der nicht das Haus seines Bruders aufbauen will« (5. Mos. 25, 9). Nach späterer rabbinischer Bestimmung und heute geltendem Brauch darf die L. nicht mehr vollzogen werden, der Schwager wird stets seiner Pflicht durch die Chaliza (Schuhausziehen) entbunden. Am bekanntesten ist die L. als Institut der Nachkommenschaft-Erzeugung im Auftrag geworden durch die Schilderungen im Buche Ruth. Vgl. Rapaport, Der Talmud und sein Recht (Stuttg. 1901).