Phanerogāmen

[756] Phanerogāmen (Phanerogamae, griech., »Sichtbar-ehige«; Blütenpflanzen), alle mit eigentlichen Blüten versehene Gewächse, im Gegensatz zu den Kryptogamen, die keine Blüten besitzen; treffender alle diejenigen Pflanzen, die Samen und in denselben eine neue, noch unentwickelte Pflanze (Embryo) erzeugen, wodurch sie sich von den Kryptogamen unterscheiden, deren Fortpflanzungsorgane (Sporen) keinen Embryo enthalten. Die Samen, welche die Anlage der künftigen Pflanze meist schon in allen wesentlichen Organen, als Wurzel, Stengel und Blatt, vorgebildet aufweisen, sind ein Erzeugnis der Blüten, der Embryo ein Produkt der in den Blüten vorhandenen Geschlechtszellen. Bei den farnartigen (Pteridophyta) und den moosartigen (Bryophyta) Kryptogamen, die beide ebenfalls einen Embryo zur Ausbildung bringen und daher mit den P. als Embryophyten zusammengefaßt werden können, bleibt der Embryo längere Zeit mit der proembryonalen Generation, d.h. bei den Bryophyten mit der eigentlichen Moospflanze, bei den Pteridophyten mit dem Vorkeim (Prothallium), in Verbindung und wird von derselben ernährt. Bei den P. dagegen entwickelt sich die hier ganz rudimentär auftretende proembryonale Generation nur in den Pollenkörnern (Mikrosporen) und Embryosäcken (Makrosporen) einer ältern embryonalen Generation, d.h. der Mutterpflanze. Außerdem findet der eigentliche Befruchtungsakt, d.h. die Verschmelzung der männlichen und weiblichen Sexualkerne, bei den Kryptogamen durch bewegliche Befruchtungskörper (Spermatozoiden), bei den P. durch Vermittelung des aus den Pollenzellen hervorwachsenden Pollenschlauches statt (vgl. Geschlechtsorgane, Embryosack, Fortpflanzung der Pflanzen). Die P. werden in Englers System als pollenschlauchbildende Embryopflanzen (Embryophyta siphonogama) den embryobildenden Pflanzen mit beweglichem Befruchtungskörper (Embryophyta zoidiogama), d.h. den farnartigen und moosartigen Gewächsen, gegenübergestellt. Die Entdeckung beweglicher Befruchtungskörper im Pollenschlauch der P. Ginkgo und Cycas läßt indes die gewählten Bezeichnungen ungeeignet erscheinen. Die P. zerfallen zunächst in die Gymnospermen und Angiospermen (s. d.). Im Linnéschen Pflanzensystem bezeichnet Phanerogamia die ganze, 23 Klassen enthaltende erste Abteilung, die von den P. gebildet wird (s. Pflanzensystematik).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 756.
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