Stambŭlov

[841] Stambŭlov, Stephan, bulgar. Staatsmann, geb. 1853 in Tirnowa, gest. 18. Juli 1895 in Sofia, besuchte das Seminar in Odessa, erregte 1875 in Eski Zagra einen Aufstand gegen die Türken und floh nach Bukarest, nahm 1877–78 als Freiwilliger am russisch-türkischen Kriege teil, wurde darauf in Tirnowa Advokat, Mitglied und 1884 Präsident der Sobranje. Er gehörte zuerst zur radikalen Partei, ward aber bald ein eifriger Anhänger des Fürsten Alexander. Als 21. Aug. 1886 der Staatsstreich gegen den Fürsten ausgeführt und eine revolutionäre Regierung eingesetzt wurde, stürzte er diese im Verein mit Mutkurov und Karawelov und bildete mit diesen eine neue Regierung, der nach der Abdankung Alexanders 7. Sept die Regentschaft übertragen wurde. Er behauptete sich gegen die Wühlereien russischer Agenten, besonders des Generals Kaulbars, und bewirkte 7. Juli 1887 die Wahl des Fürsten Ferdinand, nach dessen Regierungsantritt (14. Aug.) er an die Spitze des Ministeriums trat. Obwohl verschiedene Verschwörer zu Attentaten gegen S. angestiftet wurden, behauptete er sich und gewann durch Mäßigung in der äußern Politik das Vertrauen Europas und namentlich des Sultans, während er im Innern gewalttätig herrschte. Da er auch dem Fürsten unbequem wurde, mußte er im Mai 1894 zurücktreten. Am 15. Juli 1895 wurde er in Sofia durch Mörder tödlich verwundet. Nachdem am 30. Dez. zwei Täter zu geringen Strafen verurteilt worden waren, erfolgte 24. Okt. 1902 die Verurteilung des eigentlichen Mörders Stavrev, genannt Halju, zum Tode durch den Strang.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 841.
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