Urfé

[958] Urfé (spr. ür-), Honoré d', franz. Romanschriftsteller, geb. kl. Febr. 1568 in Marseille, gest. 1. Juni 1625 in Villefranche, ist hauptsächlich bekannt durch seinen Roman »Astrée«, der erst nach seinem Tode von seinem Sekretär Baro beendigt wurde. Dieser allegorische Schäferroman, nach Montemayors »Diana« und Guarinis »Pastor fido« gearbeitet, spielt in einer Art von idealer Wett, in der als Schäfer und Schäferinnen verkleidete Personen der guten Gesellschaft in gefühlvollen, zierlichen Tiraden lange Unterhaltungen pflegen über alles, was die damalige Zeit bewegte. Auch sind zahlreiche Übersetzungen von Gedichten, besonders von Sonetten Petrarcas, eingelegt. Der Schauplatz ist am Flüßchen Lignon in der Landschaft Forez, wo der Dichter ein Schloß besaß. Den Mangel an Haupthandlung ersetzen die eingelegten (33) Episoden. Das Buch hatte einen außerordentlichen Erfolg weit über Frankreichs Grenzen hinaus (der Held Céladon ist sprichwörtlich geworden, s. Seladon); erst die Meisterwerke der klassischen Zeit vermochten seinen Einfluß zu verdrängen. Doch blieb es noch die Lieblingslektüre Lafontaines, und der gestrenge Boileau, wenn er auch die weichliche Moral tadelt, lobt die glänzende Darstellung. Urfés erste Ausgabe erschien 1607–27; Band 1 und 2 waren Heinrich IV, gewidmet. Dem letzten Bande war ein sogen. Schlüssel angehängt, worin die Schäfernamen auf Personen aus Heinrichs Umgebung gedeutet wurden. Von sonstigen Ausgaben der »Astrée« nennen wir die von 4637, 5 Bde., und 1647, 5 Bde.; eine verkürzte Ausgabe erschien 1713 als »Nouvelle Astrée«. Vgl, Aug. Bernard, Les d'U. (Par. 1839); Bonafous, Études sur l'Astrée et sur Honoré d'U. (das. 1846); Chantelauze, Étude sur les d'U. (1860); Reure, Généalogie de la maison d'U. (Montbrison 1895); Banti, L'Amynthas du Tasse et l'Astrée (Mail. 1895); Germa, L'Astrée, sa composition, son influence (Toulouse 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 958.
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