Villefranche

[167] Villefranche (spr. wil-frāngsch'), Name zahlreicher Orte in Frankreich, darunter: 1) (Villafranca) Stadt im franz. Depart. Seealpen, Arrond. Nizza, 3 km östlich von Nizza, in malerischer Lage im Grunde einer tief eingeschnittenen Bucht des Mittelländischen Meeres (Rade de V.), die östlich von der Halbinsel St.-Jean (mit Leuchtturm am Kap Ferrat) begrenzt, durch das Fort Montalban und mehrere Batterien geschützt und als sichere Reede von Kriegsschiffen häufig benutzt wird, an der Linie Nizza-Mentone der Mittelmeerbahn (s. Karte von »Nizza u. Umgebung«), hat eine Zitadelle (1888 aufgegeben), einen Kriegs- und Handelshafen mit Arsenal und Lazarett, Schiffswerften, Seebäder, Marmorbrüche, Handel mit Öl, Seide, Wein, Südfrüchten etc., Austern- und Thunfischfang und (1906) 3842 (als Gemeinde 4125) Einw. – V. soll 1295 von Karl II. von Anjou, als König von Sizilien, angelegt sein; gewiß ist, daß die von diesem 1300 dem Hafen von V. verliehenen Privilegien zu dessen Aufschwung viel beitrugen. Nach der Zerstörung durch die türkische Flotte unter Chaireddin Barbarossa im 16. Jahrh. wurde der Ort durch Philibert Emanuel von Savoyen wieder aufgebaut und befestigt, aber in der Folge mehrmals (1690, 1744 und 1792) von den Franzosen erobert; 1792–1814 gehörte er zu Frankreich, ward aber im ersten Pariser Frieden an Sardinien zurückgegeben. Früher war V. dessen einziger Kriegshafen; als jedoch Genua an Sardinien gefallen war, wurden die Marineetablissements von V. dorthin verlegt. 1860 fiel V. mit der ganzen Grafschaft Nizza an Frankreich. – 2) (V.-de-Lauragais) Arrondissementshauptstadt im franz. Depart. Obergaronne, am Canal du Midi und an der Südbahn, hat eine Kirche aus dem 14. Jahrh., einen Gerichtshof, eine Ackerbaukammer, Fabrikation von Kautschukstempeln und Zigarettenpapier, Getreidehandel und (1906) 2099 (als Gemeinde 2347) Einw. – 3) (V. de-Rouergue) Arrondissementshauptstadt im franz. Depart. Aveyron, 267 m ü. M., am rechten Ufer des Aveyron, der hier den Alzou aufnimmt, an der[167] Orléansbahn, hat eine Kirche, Notre-Dame, aus dem 13.–16. Jahrh., mit großem Turm, ein ehemaliges Kartäuserkloster (aus dem 15. Jahrh., jetzt Hospiz) mit gotischem Kreuzgang, einen Gerichtshof, eine Ackerbaukammer, ein Kommunalcollège, eine Bibliothek (15,000 Bände), Fabrikation von Hanfleinwand, Glockengießerei, Strumpfwirkerei, Gerberei, lebhaften Handel und (1906) 6475 (als Gemeinde 8352) Einw. 3 km nördlich das Schloß Graves (16. Jahrh.), jetzt Collège. V. ist Geburtsort des Marschalls Belle-Isle und des Mediziners Alibert. – 4) (V.-sur- Saône) Arrondissementshauptstadt im franz. Depart. Rhone, 185 m ü. M., am Morgon, 2 km vom rechten Ufer der Saône, an der Lyoner Bahn, Sitz eines Gerichtshofs und Handelsgerichts, hat eine gotische Kirche (13. und 14. Jahrh.), ein Kommunalcollège, eine Bibliothek, eine Handelskammer, bedeutende Baumwollspinnerei und -Weberei, Fabrikation von Maschinen, Kabeln, Wagen, Automobilen, Strumpfwirkerei etc., Steinbrüche, Weinhandel und (1906) 15,365 (als Gemeinde 16,031) Einw.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 167-168.
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