1195. Der Teufel als Fürsprech.

[103] Nach vielen Jahren fremden Kriegsdienstes wanderte ein Soldat wieder in seine liebe schweizerische Heimat zurück. Bei einem Wirt kehrte er abends ein und gab ihm vertrauensvoll Gewehr und Ränzchen in Gewahrsam. Am nächsten Morgen leugnete es der treulose Wirt ab, irgend etwas in Empfang genommen zu haben, und der arme ausgediente Söldner musste ohne seine mühsam ersparten Rappen weiter ziehen, weil sich auch die Polizei auf die Seite des Unehrlichen stellte. Hungrig und müde schlich er sich, sobald die Nacht hereinbrach, in einen armseligen Stall, fand aber da keine Ruhe; ein scheussliches Gepolter im Obergaden liess ihn nicht schlafen. Endlich rief er zornig: »Und wenn der Tyfel da isch, Rüehw wili ha! Ich bin än armä Soldat, ds Gäld hennt's m'r gstohlä und ich vermag's nitt, immänä Wirtshüs z'ibernachtä; ammänä-n-Ort wurdi wohl nu derfä sy!« Eine Stimme antwortete: »Ich bin's; ich bin der Teufel! Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich will dir helfen. Kehre morgen in das Dörfchen zurück, verklage den Wirt vor Gericht, dann werde ich für dich sprechen, ohne dass du mir etwas zu bezahlen brauchst.«

Der Soldat folgte, und vor Gericht hatte er einen ausgezeichneten Fürsprech. Im Laufe der Verhandlungen beteuerte[103] der diebische Wirt: »Der Tyfel cha mi nä, wen-n-ich eppis vo dem Soldat a'gnu ha!« »Säg's nu einisch«, fordert ihn der Anwalt des Soldaten heraus. Und der Wirt wiederholte seinen Schwur. Da ergriff ihn der Teufel, als der sich plötzlich der tüchtige Fürsprech entpuppte, und fuhr mit ihm in die Lüfte. Drei Tage und drei Nächte hörte man den Wirt noch heulen in den Lüften, dann vernahm und sah man nichts mehr von ihm.

»Das isch äso äs Sägi, äs Zelli, wo-n-ich hiä ummänand g'heert ha vo dä Lyttä; truckt isch äs, gläübä-n-ich, niänä,« versichert mir mein Erzähler, gebürtig ab Golzer im Maderanertal, nachdem ich ihn gefragt, ob er die Geschichte vielleicht in einem Buche gelesen habe.


Johann Epp, Golzer; Karl Gisler, Unterschächen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 103-104.
Lizenz:
Kategorien: