[258] Tarquinĭus, 1) Lucius T. Priscus, älterer Sohn des Korinthiers Demaratos u. einer Tarquinierin, geb. in Tarquinii. Nach dem Tode seines Vaters u. Bruders (s. Aruns) Herr eines bedeutenden Vermögens u. Gemahl der vornehmen Tarquinierin Tanaquil, suchte er eine Ehrenstelle in Tarquinii. Doch als Fremdling erhielt er sie nicht u. ging deshalb mit seiner Gemahlin nach Rom. Auf dem Wege dahin nahm ihm nach der Sage ein Adler den Hut ab u. setzte ihm denselben wieder aufs Haupt, was Tanaquil als ein Vorzeichen seiner künftigen Größe deutete. Bei dem Volke u. dem König Ancus Marcius sehr beliebt, wurde er Anführer der Reiterei, nach dem Tode des Ancus 614 v. Chr. Vormund von dessen Söhnen u. bald selbst König u. regierte bis 578, wo ihn die Söhne des Ancus ermorden ließen; über seine Regierung s. Rom S. 275. 2) Lucius T. Superbus, Sohn des Vorigen, durch seine Gemahlin Tullia Schwiegersohn des Königs Servius Tullius; auch sein Bruder Aruns T. hatte eine Tochter des Servius geheirathet, welche, ihm an Charakter unähnlich, ein hoffährtiges Weib u. das Widerspiel von der Frau des stolzen u. herrschsüchtigen Lucius war. Lucius u. seines Bruders Frau räumten beide ihre Gatten aus dem Wege u. heiratheten sich. 534 v. Chr. ermordete T. seinen Schwiegervater Servius Tullius u. wurde römischer König, ward aber wegen seiner willkürlichen Regierung, wodurch er bes. die Patricier verletzte, 510 vertrieben, s. Rom S. 276. Nach mehren vergeblichen Versuchen sich Roms wieder zu bemächtigen, lebte er zu Cumä, wo er 12 Jahre nach seiner Vertreibung starb. 3) Sextus T., Sohn des Vorigen; als sein Vater Gabii belagerte, ging er selbst zu den Bewohnern u. stellte sich, als habe er seinen harten Vater verlassen, um unter ihren Fahnen zu fechten. Die Gabiner nahmen ihn auf, zogen ihn zu öffentlichen Berathungen u. übergaben ihm endlich das Heer, mit welchem er in Scharmützeln meist über die Römer siegte. Nun schickte er zu seinem Vater, um sich Verhaltungsbefehle zu[258] holen; dieser antwortete dem Boten nichts, sondern im Garten spazierend, schlug er die am höchsten emporragenden Mohnköpfe mit einem Stabe ab. Der Bote berichtete dem Sextus die Handlung des Vaters, u. dieser verbannte u. tödtete nun die Vornehmen von Gabii, worauf diese Stadt geschwächt den Römern sich selbst überlieferte. Darauf schändete er in Rom die Lucretia (s.d.), weshalb die Tarquinier aus Rom vertrieben wurden. Sextus begab sich nach Gabii, wo ihn seine Feinde ermordeten.