Gattico-Tunnel

[259] Gattico-Tunnel. Eingleisiger Tunnel im Zuge der vollspurigen Bahn Santhia-Borgomanero-Arona in Italien. Er unterfährt den Gattico-Hügel mit 3309 m Länge und einseitigem Gefälle von 7∙8‰, liegt zum Teil in der Geraden, zum Teil in Bogen von 600 und 1000 m Halbmesser. Die Tunnelausgänge liegen 310∙88 m und 285∙01 m ü. M. Die größte Überlagerung des Tunnels beträgt 85 m; die mittlere Tiefe des Tunnelplanums unter der Geländeoberfläche 60 m.

Der Tunnel ist durch die sehr ungünstigen Gebirgsverhältnisse, die besonderen Bauschwierigkeiten und die außerordentlichen Mittel zu deren Bewältigung bekanntgeworden.

Das Gebirge besteht aus Moräne, feinem, mit Wasser durchzogenem Sand, stellenweise mit größeren Granitfindlingen durchsetzt und Schlamm. Der Wasserzudrang war bedeutend und weit größer als erwartet wurde.

Zur Vermehrung der Angriffsstellen wurden 4 Schächte seitwärts der Tunnelachse angeordnet, dann aber nur 3 Schächte, die ovalen Querschnitt mit 3∙2 m Breite und 3∙7 m Länge und 57 m bis 64 m Tiefe hatten, zum Bauverwendet und auch ausgemauert, so daß 8 Angriffsstellen für den Tunnelbau zur Verfügung standen. Die Absenkung der Schächte war stellenweise wegen der sehr ungünstigen Gebirgsbeschaffenheit und des Wasserzudranges mit großen Schwierigkeiten verbunden, so daß die Tagesfortschritte der Absenkung nur 0∙25 bis 0∙45 m betrugen.

Der Ausbruch des Tunnels wurde zum größten Teile mit dem Firststollen begonnen und dann die belgische Bauweise angewendet. Nur stellenweise in besonders schwierigen Strecken wurde mit dem Sohlstollen und mit der Mauerung in der Sohle begonnen.

In den schwierigen Strecken erwies sich der Vortrieb in der begonnenen Weise undurchführbar; von der Schildbauweise glaubte man keinen Gebrauch machen zu können, weil der Sandboden stellenweise mit großen Granitfindlingen durchsetzt war; man hat sich entschlossen, ein Tunnelstück von 187 m Länge mittels 11 Senkkasten und Preßluft von oben und eine Strecke von 160 m mit Hilfe von Preßluft bei wagrechtem Vortrieb auszuführen.

Der Tunnel erforderte nahezu 4 Jahre Bauzeit. Die Kosten waren besonders hohe und betrugen in der 420 m langen schwierigsten Strecke nahe dem Ostausgange des Tunnels 5800 Fr./m = 4640 M./m.

Literatur: G. B. Biadego, Relazione sugli studi e lavori esequti dal 1897 al 1905. Società italiana per le S. f. d. Mediterraneo. Rom 1906. – G. Crugnola, Bauausführung des Gattico-Tunnels. Schwz. Bauztg. 1907.

Dolezalek.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 259.
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