Leichenwagen

[83] Leichenwagen (funeral wagons, mortuary cars; voitures funéraires; carri mortuari). Besondere, ausschließlich für die Beförderung von Leichen und deren Begleitpersonal eingerichtete Sonderwagen. Solche sind selten Eigentum der Bahnverwaltungen, sie gehören meist Privatunternehmungen (Waggonleihanstalten).

L. weisen in der Regel einen größeren Raum, den eigentlichen für den Sarg bestimmten Teil des L. auf; der Sarg wird durch seitliche, in den Wagenlängswänden angebrachten Flügeltüren auf einer auf Rollen in Schienen laufenden Plattform eingeschoben. Der übrige Teil des L. enthält einen oder mehrere Abteile für die Begleitung (Leidtragende und Diener) und einen Abortraum mit Wascheinrichtung.

Die seinerzeit im Betrieb der deutschen Staatsbahnen eingestellt gewesenen L. gehörten der Deutschen Waggon-Leihanstalt in Berlin. Sie wurden infolge geringer Inanspruchnahme außer Dienst gestellt (Abb. 132). Diese L. waren 3achsige, zwischen den Buffern 12∙1 m lange Wagen, die im Äußern den gewöhnlichen Personenwagen mit Seitengang ähnlich waren. Die eine Hälfte des Wagens nahm der 3∙665 m lange und 2∙8 m breite Raum (A) für die Unterbringung des Sarges ein. Der Sarg mit Leiche wurde, wie oben erwähnt, in den Raum eingeschoben und dieser durch die zweiflüglige Tür abgeschlossen. Die andere Hälfte des Wagens enthält zwei Abteile (einen I. und einen II. Klasse) und am Ende des Kastens einen Abortraum mit Wascheinrichtung. Die Sitze des Abteiles I. Klasse[83] konnten zu Schlafstellen umgewandelt werden. Das Gewicht des Wagens betrug 19.800 kg.

Der in Österreich in Verwendung stehende der Österreichischen Waggonleihgesellschaft gehörende Salonleichenwagen ist ein 2achsiger Wagen mit einem einzigen für den Sarg bestimmten Raum, um den ringsherum eine offene Galerie läuft, die durch ein Ziergitter abgeschlossen ist. Der Raum für die Leiche ist schwarz ausgestattet und hat große, mit schwarzen Vorhängen abzuschließende Fenster. Der Sarg wird über die stirnseitige Plattform durch Flügeltüren eingeschoben.

Abb. 133 stellt die Grundrißeinteilung des 4achsigen L. der belgischen Staatsbahnen dar. Dieser Wagen wiegt rund 27.000 kg.

In Italien wird in einzelnen Städten, so beispielsweise in Mailand, auch der Fahrpark der Straßenbahnen für die Beförderung von Leichen auf die weiter entfernt liegenden Friedhöfe benutzt. Die in Italien verwendeten L. sind 2achsig, enthalten den Raum für den Motorführer sowie das Dienstpersonal und den Sarg; die Leidtragenden benutzen einen mitgeführten Anhängewagen.

Die bei einzelnen Stadtschnellbahnen in Nordamerika eingeführten L. laufen auf 2achsigen Drehgestellen und haben außer den Führerständen an den Endbühnen einen großen Raum für das Trauergefolge und ein Abteil für die Leichenträger, in das auch ein niedriger Verschlag für den Sarg eingebaut ist. Der Sarg wird von außen nach Öffnen einer breiten wagrechten Türklappe auf eine kleine Schiebebühne gesetzt und in den Verschlag geschoben. Der Wagen der Stadtschnellbahnen in Philadelphia hat 40 Sitzplätze für das Gefolge und 6 Plätze für die Leichenträger. Kranzspenden werden auf der Decke des Sargabteiles nie dergelegt. Die Anordnung und Hauptabmessungen zeigt Abb. 134. Der Wagen wiegt 17.700 kg.

Rybák.

Abb. 132. Leichenwagen der preußisch-hessischen Staatsbahnen.
Abb. 132. Leichenwagen der preußisch-hessischen Staatsbahnen.
Abb. 133. Leichenwagen der belgischen Staatsbahnen.
Abb. 133. Leichenwagen der belgischen Staatsbahnen.
Abb. 134. Leichenwagen der Stadtschnellbahn in Philadelphia.
Abb. 134. Leichenwagen der Stadtschnellbahn in Philadelphia.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 83-84.
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