Neigungsverhältnisse der Bahn

[318] Neigungsverhältnisse der Bahn oder »Neigung« der Bahn.


I. Neigungsbezeichnung.


Die Neigung der Bahn wird durch den Wert der Tangente des Neigungswinkels ausgedrückt (Abb. 315).


1. tg α = 1/l (Gemeiner Bruch).

2. tg α = n (Dezimalbruch)

oder

n ∙ 1000 = s‰ (Promille)

n ∙ 100 = s‰ (Prozente).

Z.B. α = 1°10' tg α = 1/50 = 0∙020

s = 20 = 2%.


Die Bezeichnungsart 2 in oder % ist der noch vielfach üblichen Bezeichnung in der Form des gemeinen Bruches vorzuziehen wegen größerer Anschaulichkeit, da hierbei die Zahl mit der Steigung wächst, wegen rascherer rechnerischer Ermittlung der Höhenzunahmen bei gegebener Länge und weil die Neigungsangabe in unmittelbar die Größe des Neigungswiderstandes ergibt. Die positive Neigung oder Steigung wird mit + s‰, die negative Neigung oder das Gefälle mit – s‰ bezeichnet.


II. Neigungswiderstand.


Die parallel der Bahnneigung wirkende Seitenkraft des Zugsgewichts Q, also der[318] Wert Q∙sin α (s. Abb. 315) ist der durch die Neigung bedingte Widerstand des Zuges bei der Fahrt in der Steigung.

Der Faktor sin α wird in der Regel kurzweg als Steigungswiderstand bezeichnet.

Für Reibungsbahnen, wobei meist α Neigungsverhältnisse der Bahn 4° ist, kann sin α = tg α und cos α = 1 gesetzt werden, daher auch s = ws Steigungswiderstand oder das Neigungsverhältnis in gibt unmittelbar den Steigungswiderstand in oder kg/t an.

Z.B. Q = 300 t Zugsgewicht

s = 20 Steigung, so ist

Q∙sin α 1000 = Q∙tg α 1000 = 300∙20 = 6000 kg die Größe des Zugwiderstandes in der Steigung.

Für Zahnbahnen und Seilbahnen, bei denen die Neigungswinkel α bis 16° und 35° ansteigen, soll sin α nicht mehr durch tg α ersetzt werden. Für Gefälle wird der Wert Q∙sin α negativ, ergibt daher keinen Widerstand, sondern eine den Zug beschleunigende Kraft, die durch Bremsen innerhalb der zulässigen Grenzen gehalten werden muß. Mit dem Neigungswiderstand wachsen die Betriebskosten, daher die Neigungen tunlichst niedrig zu halten wären; da aber die Abminderung der Neigung häufig künstliche Verlängerung der Linie und Erhöhung der Baukosten bedingt, so ist das Maß der Neigung von den Bau- und Betriebskosten abhängig.


III. Maßgebende Neigung


wird die in einer bestimmten Bahnstrecke angewendete Größtneigung genannt und sm bezeichnet; hierfür werden bei gegebener Zugkraft die zulässigen Zugsgewichte bei bestimmter Geschwindigkeit festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen, ohne die angenommenen Betriebsverhältnisse zu ändern und die Kosten zu erhöhen.

Für eine Bahnlinie mit gleichem Zugwiderstand findet in Gleisbögen wegen der Bogenwiderstände, in den Tunneln auf Reibungsbahnen wegen der darin meist verminderten Reibungszugkraft eine entsprechende Abminderung der maßgebenden Neigung statt. Aber auch im Interesse einer zweckmäßigen Linienführung, zumal bei Gebirgsbahnen, für die die tunlichste Einhaltung der maßgebenden Neigung zur. Vermeidung von Linienverlängerungen zumeist erwünscht ist, sowie zur Verminderung von Baukosten kann die Abminderung der maßgebenden Neigung doch erforderlich werden.

Eine Erhöhung der maßgebenden Neigung bedingt aber für die betreffende Strecke stärkere Zugkräfte (Vorspann- oder Schiebemaschinen) oder die Einschaltung einer Anlaufneigung.


IV. Neigung im Bogen.


Der Zugsbewegung stehen außer dem besprochenen Neigungswiderstand ws noch der Laufwiderstand wl und der Bogen- oder Krümmungswiderstand wc entgegen.

Der Laufwiderstand wl setzt sich zusammen aus den Reibungswiderständen in den Fahrzeugen, aus der rollenden Reibung der Räder auf den Schienen, aus den Widerständen infolge unvollkommener Gleislage und aus den Luftwiderständen.

Der Laufwiderstand wird für alle Neigungsverhältnisse der Bahn als gleichbleibend angenommen, er ändert sich aber mit der Fahrgeschwindigkeit.

Der Bogenwiderstand wc tritt beim Befahren der Gleisbogen auf; ihre Größe ändert sich mit dem Krümmungshalbmesser und der Spurweite und wird aus verschiedenen meist auf Grund von Versuchen aufgestellten Formeln ermittelt.

Zumeist kommt für Reibungsbahnen die Röcklsche Formel zur Anwendung

wckg/t = a/Rb, worin für Vollspurbahnen in der Regel


a = 650, b = 55, für R Neigungsverhältnisse der Bahn 300

a = 500, b = 30, für R Neigungsverhältnisse der Bahn 300


für 1 m-Spurbahnen a = 450, b = 50 gesetzt wird.

Zur Erreichung eines gleichen Zugwiderstandes wird die Neigung im Bogen gegenüber der in der Geraden um das Maß wc in kg/t oder vermindert, so daß die Neigung im Bogen die Größe


Neigungsverhältnisse der Bahn

erhält.

Z.B. Für eine Vollspurbahn sind


sm = 20‰, R = 400 m, wc = 1·9


daher die Neigung im Bogen


sc = 20 – 1·9 = 18·1‰.


Auf stark gekrümmten Bahnen mit kurzen Geraden zwischen den Bogen wird auch die abgeminderte Bogenneigung in den Zwischengeraden durchgeführt oder kurzweg ein Neigungsunterschied zwischen gerader und gekrümmter Bahn mit Recht nicht gemacht, weil der hierdurch bedingte Höhenverlust weniger schädlich ist als das in der Höhenlage so vielfach und in kurzen Abständen geknickte Gleis.


V. Neigung im Tunnel.


Sehr häufig (nicht immer) ist der Reibungswert f, besonders bei Dampfbetrieb und in längeren und feuchten Tunneln, daher auch die Reibungszugkraft Z = Qf, worin Q die Triebradbelastung der Lokomotive bezeichnet, kleiner[319] als auf offener Strecke. Um aber die gleiche Zuglast in beiden Fällen fördern zu können, wird auf Reibungsbahnen der Steigungswiderstand, daher die Neigungsgröße im Tunnel herabgemindert auf st = smft/f, worin ft und f die Reibungswerte im Tunnel und auf offener Strecke bezeichnen.

Die Verminderung der Neigung im Tunnel beträgt daher wt = smst in oder kg/t.

Das Verhältnis ft/f ist selbstverständlich sehr schwankend, also durchaus unsicher.

Beobachtungen ergaben, daß ft/f = 0∙7 – 0∙9 für viele Fälle und längere Tunnels ungefähr zutrifft.

Z.B. sm = 20ft/f = 0∙8, daher st = 20 ∙ 0∙8 = 16 oder die Verminderung der Neigung im Tunnel wt = 20 – 16 = 4‰.

Im gekrümmten Tunnel tritt noch die Abminderung der Neigung infolge des Bogenwiderstandes hinzu.

In längeren eingleisigen, also engen Tunneln bedingt der Luftwiderstand eine weitere Neigungsabminderung. Aus einigen in langen eingleisigen Tunneln gemachten Beobachtungen wäre zu schließen, daß je nach Tunnellänge, Tunnelquerschnitt, Fahrgeschwindigkeit und Windrichtung auf einen Luftwiderstand zu rechnen ist, der einer Steigungsvermehrung von 3–6 gleichkommt. Mehrfach wird in längeren Eisenbahntunneln mit Dampfbetrieb eine noch größere Steigungsminderung durchgeführt, um die Rauchentwicklung und die damit verbundenen Übelstände zu vermindern.

Scheiteltunnel, die in manchen Fällen auch in die Wagrechte gelegt werden könnten, erhalten aber stets von der wahrscheinlichen Durchschlagstelle nach den Tunnelmündungen zu Gefälle, tunlichst nicht unter 2 (besser 3), um rasche Wasserabführung zu sichern und auch während des Baues die Förderung der Ausbruchsmassen aus dem Tunnel zu erleichtern.


VI. Neigung in Bahnhöfen.


Bahnhöfe werden tunlichst in die Wagrechte gelegt, um das Anhalten der Züge, Zugbewegungen und das Anfahren zu erleichtern, den Ruhezustand von Zugteilen oder einzelnen Wagen auch ohne Bremswirkung zu sichern und eine etwas günstigere Anordnung der Bauwerke in ihrer Höhenlage (Bahnsteige, Güterschuppen, Verladerampen, Drehscheiben) zu ermöglichen. Die Einschaltung einer Bahnhofswagrechten in eine in der Neigung liegende Bahn bedingt aber Höhenverluste, die die Durchschnittsneigung vermindern, daher bei festliegendem Höhenunterschied der Endpunkte und einer angenommenen Größtneigung einer gegebenen Bahnstrecke Verlängerung der Bahnlinie erfordern.

Zur Verminderung dieses Übelstandes geht man auch von der wagrechten Bahnhofslage ab. Bei einer Neigung von etwa 3∙3 würden einzelne Wagen in den Gleisen ohne Bremswirkung in der Ruhelage sich befinden; um aber auch der Wirkung des Windes Rechnung zu tragen, geht man bis auf 2∙5 herab, was eine Bahnhofsneigung ergibt, die noch die Mehrzahl der Vorteile der wagrechten Lage hat, aber doch den Höhenverlust etwas vermindern läßt.

Auf Gebirgsbahnen ist man für Ausweichen mit Haltestellen zeitweise von der durchgehenden Größtneigung nicht abgegangen, um Höhenverluste, also Linienverlängerungen zu vermeiden. In solchen Fällen hat man mehrfach verschiedene Vorkehrungen und Sicherheitseinrichtungen getroffen, wofür interessante Beispiele namentlich auf einigen italienischen Gebirgsbahnen zu finden sind.


VII. Durchschnittsneigung.


Abminderungen der Größtneigung oder der maßgebenden Neigung finden nicht nur in Gleisbogen, Tunneln, Bahnhöfen, sondern auch vielfach noch im Interesse einer zweckmäßigen Linienführung und aus baulichen Gründen statt.

Es folgt hieraus, daß die Durchschnittsneigung sd einer bestimmten Bahnstrecke kleiner ist als die maßgebende Steigung sm. Da durch die Neigungsabminderungen Höhenverluste bedingt sind, muß zur Erreichung der gegebenen Höhe die Länge der Linie vergrößert werden.

Die Beziehungen der maßgebenden zur Durchschnittsneigung und zu den Neigungsabminderungen zeigt Abb. 316.

Hiernach ist:


Durchschnittsneigung


Neigungsverhältnisse der Bahn

Maßgebende Neigung


Neigungsverhältnisse der Bahn

Der gesamte Höhenverlust ergibt sich aus der Summe der durch die Neigungsverminderungen bedingten Einzelverluste


Neigungsverhältnisse der Bahn

daher die Durchschnittsneigung


Neigungsverhältnisse der Bahn

und die erforderliche Linienverlängerung, um mit sd die Höhe H' zu erreichen, ist


Neigungsverhältnisse der Bahn

[320] Es bezeichnen wc wt wn in die Neigungsabminderungen in Bogen, Tunneln, in Bahnhöfen oder aus anderen Gründen; l, t und n die betreffenden Längen dieser Strecken.


VIII. Zweckmäßige Neigung.


Unter Annahme gleicher Lokomotivarten und annähernd gleicher Geschwindigkeiten, daher auch gleicher, von der Neigung unabhängiger Fahrwiderstände ergibt sich bei gleichbleibender Höhe H, dem Zugsgewichte G, der Bahnlänge L die zweckmäßigste Steigung sz aus der Bedingung, daß


Neigungsverhältnisse der Bahn

möglichst groß, daher auch, weil H konstant, szG möglichst groß werden soll.

Aus weiterer Entwicklung dieser Gleichung folgt sodann die zweckmäßige Steigung mit


Neigungsverhältnisse der Bahn

Hierin bezeichnen Q Lokomotivgewicht, T Tendergewicht, w Laufwiderstand des Zuges, w1 durchschnittlichen Laufwiderstand von Lokomotive und Tender.

Es ist erklärlich, daß von dieser Art der Ermittlung der zweckmäßigen Neigung einer Bahn doch nur selten praktisch brauchbare Verwendung gemacht werden kann, sondern daß Vergleichsentwürfe mit den dazugehörigen Kostenermittlungen das sicherste Mittel für die Feststellung der zweckmäßigsten Neigung bieten.


IX. Bremsneigung, schädliche und unschädliche Neigung.


Auf der Fahrt im Gefälle ist bei Überschreitung der Neigung sb = wl + wc (wl Lauf-, wc Bogenwiderstand), die Bremsneigung genannt, eine Abminderung der durch die Schwerkraftbeschleunigung hervorgerufenen erhöhten Fahrgeschwindigkeit durch die Bremsen erforderlich. Da hierbei die in der Steigungsfahrt aufgewendete Arbeit nicht wieder gewonnen, sondern durch Bremsen teilweise aufgezehrt wird, so nennt man die Neigung ss > sb, eine schädliche und die Neigung su < sb, wobei ein Bremsen nicht erforderlich ist, daher eine Vernichtung von aufgewendeter Arbeit nicht stattfindet, eine unschädliche.

Die Grenze zwischen schädlicher und unschädlicher Neigung liegt um so höher, je größer die Fahrwiderstände sind; sie liegt, daher für rasch fahrende Personenzüge höher als für langsam fahrende Güterzüge und auch im gekrümmten Gleis höher als im graden. Bogenfahrten verursachen auf unschädlichen Neigungen in beiden Richtungen, auf schädlichen nur in der Steigungsfahrt Mehrwiderstände, daher Mehrkosten. Bogen sind sohin bei Bahnen mit starken Steigungen (Gebirgsbahnen) weniger ungünstig als auf Bahnen mit schwachen Steigungen (Flachlandbahnen). Für die unschädliche Neigung ist aber noch zu beachten, daß die Rohlast der nach beiden Richtungen im Jahre verkehrenden Züge ungefähr gleich groß sein soll, was in den meisten Fällen deshalb als ungefähr zutreffend angenommen werden kann, weil das Eigengewicht von Lokomotive und Zug das Gewicht der Nutzlast in der Regel bei weitem überwiegt.

Für gleich große Lasten nach beiden Fahrtrichtungen ist die unschädliche Neigung ohne[321] Einfluß auf Zugkraft und Kosten, daher kann die Strecke mit unschädlicher Neigung gleichwertig mit wagrechter Strecke angesehen werden. Wenn die maßgebende Neigung sm kleiner ist als der Laufwiderstand wl, was auf Bahnen in der Ebene vorkommt, so fällt die Grenze der unschädlichen Neigung su mit dem Wert der maßgebenden Neigung sm zusammen.

Z.B. Für einen Güterzug mit 20 km/Std. und einen Personenzug mit 60 km/Std. Fahrgeschwindigkeiten einer Vollbahn betragen in grader Bahn die Laufwiderstände wl = 3 kg/t und 6 kg/t, daher die Grenzen der unschädlichen Neigung wb = 3 und 6, falls die maßgebende Neigung nicht kleiner ist. Für einen Bogen mit R = 400 käme noch hinzu der Bogenwiderstand mit rd. wc = 2 kg/t, daher die Grenzen der unschädlichen Neigung sich auf wb = 5 und 8 vergrößern.


X. Verlorene Neigung.


Wird die durch eine Steigung gewonnene Höhe durch eine Gefällsstrecke wieder aufgegeben, so hat man verlorene Steigung. Bei Bahnen, deren Durchschnittsneigung sd kleiner ist als die Grenze der unschädlichen Neigung oder Bremsneigung sb, ist eine verlorene Steigung, sofern sie kleiner ist als die Bremsneigung, nicht von Nachteil, da eine Erhöhung der Förderkosten nicht eintritt.

Bei Bahnen, welche größere Höhenunterschiede auf kurze Längen zu überwinden haben, die daher zur Vermeidung größerer Längenentwicklungen mit großen maßgebenden Steigungen sm auszuführen sind, ist ein Abweichen von der zulässigen Größtneigung, daher auch eine verlorene Steigung von Nachteil, da hierdurch Höhenverluste und sohin weitere Linienverlängerungen bedingt sind. Doch sind in vielen Fällen Abweichungen von der durchgehenden Größtneigung und verlorene Steigungen im Interesse anderweitig günstiger Linienführung und der Abminderung von Baukosten trotz der hierdurch bedingten und auch mit Mehrkosten für Bau und Betrieb verbundenen Linienverlängerungen nicht zu vermeiden.


XI. Anlaufneigung.


Die Überschreitung der vorkommenden Größtneigung oder maßgebenden Neigung ist bei Ausnützung eines Teiles der lebendigen Kraft des Zuges ohne Erhöhung des Kraftverbrauchs der Lokomotive, aber mit Einbuße an Geschwindigkeit möglich durch Anordnung einer Bahnstrecke mit sog. Anlaufneigung Neigungsverhältnisse der Bahn die also größer ist als die maßgebende Neigung Neigungsverhältnisse der Bahn

Die auf die Länge der Anlaufstrecke Neigungsverhältnisse der Bahn zu erreichende Höhe ist


Neigungsverhältnisse der Bahn

Die Streckenlänge ist ungefähr, aber genau genug:


Neigungsverhältnisse der Bahn

und hieraus die Anlaufneigung:


Neigungsverhältnisse der Bahn

worin bezeichnen Neigungsverhältnisse der Bahn und Neigungsverhältnisse der Bahn die Zuggeschwindigkeiten am Anfang und Ende der Anlaufstrecke.

Man wird Strecken mit Anlaufneigungen tunlichst vermeiden wegen Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und des hierdurch verursachten Zeitverlustes sowie der immerhin bestehenden Gefahr von Betriebsstörungen. Bei geringem Geschwindigkeitsverlust ist aber auch der Höhengewinn durch die Anlaufstrecke und deren Länge nur gering, die dann noch durch die Gefällsausrundungen verkürzt wird. Trotzdem werden vereinzelt auf Gebirgsbahnen, neuestens auch auf den schwedischen Staatsbahnen, Anlaufneigungen grundsätzlich zugelassen.


XII. Neigungsgrenze.


Obere Grenze ist die Steigung, bei der die Lokomotive keine Nutzlast, sondern nur ihr Eigengewicht fortbewegen kann.

Bezeichnen Q das Lokomotivgewicht, T das Tendergewicht, w den durchschnittlichen Fahrwiderstand von Lokomotive und Tender (etwaiger Krümmungswiderstand eingeschlossen), Z die Zugkraft der Lokomotive, so ist für Zuggewicht G = o die Neigungsgrenze


Neigungsverhältnisse der Bahn

Setzt man für Reibungsbahnen Z = Q'f, wobei die Triebradbelastung Q' = nQ und n Neigungsverhältnisse der Bahn 1 ist und f den Reibungswert bezeichnet, so wird


Neigungsverhältnisse der Bahn

Für Tendermaschinen und elektrische Lokomotiven, sofern sämtliche Achsen Triebachsen (n = 1) sind, wird Sg = fw.

Für die Fahrt im Gefälle, wobei gebremst wird, folgt, für den vorliegenden Fall genau genug, die Neigungsgrenze


S'g = mf1 + w1 100 v/t,


worin bezeichnen: m den zum Bremsen ausgenutzten Teil des Zuggewichts, f1 den mit der Fahrgeschwindigkeit veränderlichen Reibungswert zwischen Rad und Schiene, w1 den durchschnittlichen Fahrwiderstand des Zuges (einschließlich etwaigen Krümmungwiderstandes), v Fahrgeschwindigkeit des Zuges in m/Sek. und t die Bremszeit in Sekunden.[322]

Diese Neigung wird auch die Bremsgrenzneigung genannt.

Die obere Neigungsgrenze für Zahnbahnen ist außerdem noch durch die Bedingung gegeben, daß das Aufsteigen oder Ausgleiten der Radzähne in allen Fällen, namentlich beim Anhalten durch Bremsen im Gefälle vermieden und bei gegebener Zugbelastung der durch die Festigkeit der Radzähne und Zahnstange begrenzte Zahndruck eingehalten werden muß (s. hierüber sowie über die Neigungsverhältnisse von gemischten Reibungs- und Zahnbahnen den Art. Zahnbahnen).


XIII. Bestimmungen über Größtneigungen.


Über die Neigungen bei Haupt- und Nebenbahnen sind Bestimmungen aufgestellt: vom VDEV. in den Technischen Vereinbarungen, sodann in den Grundzügen für Neben- und Kleinbahnen; ferner in den Normen für Bau und Ausrüstung der Hauptbahnen und in der Bahnordnung für die Nebenbahnen für das Deutsche Reich.

Übereinstimmend sind die größten zulässigen Neigungen bei Hauptbahnen auf 25, bei Nebenbahnen (in der Regel) auf 40 festgesetzt. Für Deutschland ist zudem bestimmt, daß die Anwendung stärkerer Neigungen als 12∙5 bei Hauptbahnen besonderer Genehmigung des Reichseisenbahnamts bedarf und daß bei Nebenbahnen die Anwendung stärkerer Neigungen als 40% der Zustimmung der Landesaufsichtsbehörde und des Reichseisenbahnamts bedarf. In Bahnhofgleisen darf, abgesehen von Verschiebegleisen, das Neigungsverhältnis nicht mehr als 2∙5 betragen, jedoch dürfen Ausweichgleise in die stärkere Neigung der freien Strecke übergreifen. Für die Neigungswechsel ist Ausrundung vorgeschrieben, in Deutschland bei Hauptbahnen mit mindestens 5000 m Halbmesser, vor Bahnhöfen mindestens 2000 m. Nach den Technischen Vereinbarungen und den Grundzügen für Nebenbahnen genügt überall 2000 m und für Lokalbahnen weniger. Zwischen Gegenneigungen von mehr als 5 soll bei Hauptbahnen nach den Technischen Vereinbarungen und Grundzügen für Nebenbahnen eine annähernd wagrechte Strecke tunlichst von der Länge eines Güterzugs eingelegt werden, bei Gegengefällen jedoch nur, wenn eines derselben 1000 m übersteigt. Normen für Hauptbahnen fordern allgemein zwischen Gegenneigungen von mehr als 5, sofern eine derselben über 1000 m lang ist, eine unter 5 geneigte Strecke von mindestens 500 m Länge.

In anderen Ländern finden sich allgemeine gesetzliche Bestimmungen nur vereinzelt (vgl. z.B. die schweizerische Verordnung vom 10. März 1906 betreffend Bau und Betrieb der Nebenbahnen). Der Wert gesetzlicher Vorschriften ist gering, da hierüber besser in jedem einzelnen Fall unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse desselben entschieden wird.


Ausgeführte Neigungsverhältnisse und Größtneigungen.


Über die ausgeführten Neigungen der verschiedenen Haupt-, Neben- und Kleinbahnen siehe die Artikel: Alpenbahnen, Bergbahnen, Gebirgsbahnen, Seilbahnen, Zahnbahnen sowie die Artikel über einzelne größere und besondere Bahnen.

Literatur: Goering, Neigungsverhältnis. Enzyklop. d. E.-W. 1. Aufl. – Launhardt, Theorie des Trassierens. Hannover 1887. – Kreuter, Linienführung der Eisenbahnen. München 1899. – Dolezalek, Zahnbahnen. Wiesbaden 1905. – Wegele, Eisenbahnbau. Lehrbuch des Tiefbaues. Leipzig 1910.

Dolezalek.

Abb. 315.
Abb. 315.
Abb. 316.
Abb. 316.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 318-323.
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