Peru

[63] Peru (Eisenbahnen). P., Freistaat am Stillen Ozean, begrenzt im Norden durch Ecuador, im Süden durch Chile, im Osten durch Bolivien und Brasilien, Flächeninhalt 1,769.804 km2 und rd. 41/2 Mill. Einwohner. Das Land zerfällt geographisch in 3 Zonen. Erstens in die etwa 2400 km lange und 40–130 km breite Küstenzone, wo nur in den von Flüssen bewässerten Gegenden Zucker, Baumwolle, tropische Früchte und Gemüse für den Eigenbedarf gebaut werden, zweitens in die aus 2 südnördlichen, zur Küste parallel laufenden Gebirgsstöcken gebildete Sierra oder Kordillere der Anden, durchschnittlich etwa 300 km breit, mit ausgedehnter Viehzucht, reichen Erz- und Kohlenfeldern, und drittens in die Montaña, die mehr als die Hälfte der Oberfläche des Staates einnimmt und sich östlich gegen das Amazonental abdacht; sie ist ein an Harthölzern, Kautschuk und Gold reiches tropisches Gebiet. Hiernach gliedern sich auch die spärlichen Eisenbahnlinien in einer Gesamtlänge von 2665 km, wovon 2040 km vollspurig und 625 km schmalspurig sind. Die kleinen Linien im Westen laufen von der Küste,[63] u.zw. den Häfen Paita; Arufrera, Pimentel, Pacasmay, Huanchaco, Chimbote, Huacho, Chancay, Pisco, Ilo und Arica landein- und in den Tälern -aufwärts; sie dienen zur Beförderung von Zucker, Baumwolle nach den Häfen und von Kaufmannsgütern nach den Tälern. Zwei Bahnen gehen von den Häfen Callao und Mollendo aus und überschienen, in östlicher Richtung verlaufend, die Anden. An diese schließen sich zur Entwicklung der Bergwerksindustrie und gleichzeitig als Zubringer südnördliche Linien an. Auf der Ostseite, der Montaña, sind mehrere Bahnen geplant, die das Flußgebiet des Amazonenstroms erreichen sollen, um später an das brasilianische Netz anzuschließen. Die meisten Bahnen sind Staatseigentum. Etwa 1800 km sind an die Peruvian Corporation, eine englische Gesellschaft, auf Grund eines Vertrags vom Jahre 1890 auf 66 Jahre verpachtet. Die Gesellschaft erhielt große Landschenkungen, die Zusicherung einer jährlichen Zahlung im Betrag von 400.000 Dollars, ein Monopol für Guanoausbeute sowie andere weitgehende Privilegien und Begünstigungen, übernahm dagegen die auswärtige Staatsschuld und die Verpflichtung, bestimmte Linien zu erweitern.

Sie betreibt auch eine Dampferlinie auf dem Titicacasee und hat durch den im Jahre 1910 erfolgten Ankauf der Eisenbahn von Guaqui nach La Paz einen durchgehenden Verkehr von Mollendo nach der Hauptstadt Boliviens hergestellt. Die Reise erfordert jetzt nur noch 48 Stunden mit Übernachtung in Arequipa.

Die transandische Central Railway von Callao (Lima) nach Oroya (225 km) und von da weiter südlich nach Huancayo (125 km) ist eine der schwierigsten Bahnstrecken der Welt. Ihre Weiterführung nach Cuzco sowie der Bau einer Zweiglinie nach Huancavelica ist in Vorbereitung. Einzelne dieser Neubaustrecken würden später auch zu der panamerikanischen Bahn (s. Intercontinental Railway, Bd. VI, S. 273) gehören. Die Bahn hat eine durchschnittliche Steigung von 25‰, Höchststeigungen von 40–45 und Krümmungen bis zu 15°; auf 129 km 6 Kehrweichen, 56 Tunnels, 10 große und 12 kleinere Brücken; in einer Seehöhe von 3329 m eine 62 m lange Brücke (Infernillobrücke) zwischen den Mündungen zweier Tunnels zur Übersetzung eines in der Tiefe brausenden Wildbachs und in Seehöhe von 4785 m einen 1∙2 km langen Tunnel (Galeratunnel). Auf 160 km ersteigt die Linie 4621 m. Die ursprünglichen Anlagekosten der von dem bekannten amerikanischen Ingenieur H. Meiggs erbauten Bahn betrugen 22 Mill. Dollars. Wegen des hohen Preises und der geringen Lebensdauer von Bauholz wurde dieses von der Verwendung tunlichst ausgeschlossen. Die Hauptstationen sind teilweise in Holz ausgeführt, alle übrigen und alle sonstigen Gebäude aus gewelltem Eisenblech, alle Brücken aus Stahl, die Telegraphenstangen aus Eisen hergestellt. Die Hauptschwierigkeit im Betrieb bilden die häufigen Rutschungen und der gefährliche Steinschlag von den steilen Abhängen. Personen- und Gütertarif sind sehr hoch.

Die in Oroya anschließende, nordwestlich nach Cerro de Pasco führende Linie von 135 km Länge, in Seehöhe von 3600–4300 m, wurde von amerikanischen Kapitalisten als moderne, sehr leistungsfähige Bahn mit 25 Höchststeigungen erbaut und wird auch von Amerikanern betrieben, um die Kupferminen von Cerro und die dortigen Kohlenlager auszubeuten. Sie bringt nach Oroya größere Mengen Fracht, als die unzulänglich ausgestattete Zentralbahn bewältigen kann.

Die Südbahn führt von dem Hafen Mollendo über Arequipa und Juliaca nach Puno am Titicacasee (521 km), wo sie durch Dampfer mit Guaqui und La Paz in Bolivien in Verbindung steht. Der Bahnbau war nicht so schwierig wie bei der Zentralbahn, da die Gebirgswände nicht so steil abfallen. Von der Station Juliaca führt eine Zweigbahn (rd. 340 km) über Sicuani nach Cuzco.

An dieser Linie liegt, 172 km vom Meer entfernt, die Stadt Arequipa am Fuße des Berges El Misti. Nahe dabei ist das Harvard-Observatorium, das dort wegen der Reinheit der Luft (7600 Fuß ü. M.) gebaut worden ist.

Die Zentralbahn und die Südbahnen sind trotz der bedeutenden Steigungen nirgends als Zahnradbahn angelegt.

Außer diesen beiden Bahnen betreibt die peruanische Gesellschaft noch folgende kleinere, von den Seehäfen ins Innere führende Bahnen: die Bahn von Paita nach Piura (96 km), die Trujillobahn (140 km), die Pacasmayo- und Guadelupebahn (94 km), die Chimbotebahn (56 km), die Bahnen von Pisco nach Ica (72 km) und von Ilo nach Moquegua. Eine Fortsetzung der Chimbote-Eisenbahn, die bis Tablones führt, ist im Bau. Im Jahre 1910 waren 103 km fertig, man beabsichtigt die Bahn bis Recuay (367 km) zu führen. Eine Strecke auch dieser Bahn wird wohl einmal zur panamerikanischen Bahn gehören. Von weiteren, in den letzten Jahren teils geplanten, teils begonnenen und in der Ausführung begriffenen Bahnen sind folgende zu erwähnen:

Eine Bahn von Iquitos nach Moronacocha, einem Vergnügungsort in der Nähe der Hauptstadt,[64] ist 1911 eröffnet. Die Bahn von Yonan nach Chilete ist Ende 1910 eröffnet; ob die Bahnen von Chilete nach Magdalena und von Lima nach Huacho, die 1910 fertiggestellt sein sollten und von besonderer Bedeutung für den Verkehr von Lima sein würden, jetzt fertiggestellt sind, war bei Abschluß dieses Artikels nicht bekannt.

Die Regierung plant weiterhin den Bau einer Reihe von Eisenbahnen zur Verbindung der peruanischen Häfen mit den vielen östlichen Flüssen der Republik, die zum Gebiet des Amazonenstroms gehören. Es sind dies eine Bahn von Goylarisquizga an der Cerro de Pasco, die Eisenbahn über Huanuco nach dem Hafen Pucalpa am Ucayalifluß (450 km), eine von der Station Tuapata der Südbahn nach Chiforongo am Inambarifluß (357 km), von wo die Schiffahrt nach dem Madre de Dios, einem der bedeutendsten Nebenflüsse des Amazonenstroms, möglich ist, eine Bahn von dem im äußersten Norden der Republik am Stillen Ozean gelegenen Hafen Paita nach einem Hafen am Marano. Zwei Zweigbahnen sollen vom Endpunkt der Hauptbahn in Baguachion auf dem andern Ufer des Flusses weitergeführt werden, die eine nordöstlich nach dem Hafen Limon am Marano, die andere östlich bis nach Yurimaguas am Huallagafluß. Das ganze Netz würde 700 km lang sein. Sodann ist mit der Reparticon-Algas-Bahn ein Vertrag über Weiterführung der Bahn Supe-Barranca nach Algas (26 km) abgeschlossen, wodurch Algas mit dem Hafen von Supe verbunden würde.

Endlich sind noch folgende Bahnen von der Regierung geplant:

Eine Bahn von Port Lomas (zwischen Chala und Quilca) zu den Bergwerken von Ferrobamba; der Bau eines neuen Hafens in der Mataranibucht nördlich von Islay und eine Bahn zwischen diesem Hafen und Mollendo, die durch eine Verbindungsbahn die Strecke von der Küste bis Arequipa um 35 km verkürzen würde; eine Bahn von Oroya an der Zentralbahn über Tarma und La Merced nach einem Hafen am Perenefluß. Die Vorarbeiten hierfür waren 1911 im Gang.

Literatur: Resena historica de los ferrocariles del Peru. Lima 1908. – Das lateinische Amerika im Jahre 1910. Berichte über Handel und Industrie, zusammengestellt im Reichsamt des Innern. 1912, Bd. XVII, S. 426 ff. – Sievers, Reisen in Peru und Ecuador. Leipzig 1914, S. 378 ff.

Kupka.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 63-65.
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