Wittich, Familie

[1052] Wittich (Darmstadt). Im Jahre 1684 begründete der Buchdrucker Sebastian Griebel die heute unter der Firma L. C. Wittichsche Hofbuchdruckerei bestehende Druckerei in Darmstadt, die wohl als eine der ältesten, wenn nicht die älteste der jetzt noch im Betrieb befindlichen Offizinen des hessischen Landes zu betrachten ist. Um seine Existenz zu sichern, wurde Griebel am 24. Juli 1699 für sich und seine Frau das Privilegium erteilt, daß keine andere Druckerei in Darmstadt eröffnet werden dürfe.

Im Jahre 1701 ging die Druckerei an den Regierungskanzlisten Gottfried Haußmann, welcher die Witwe Griebels geheiratet hatte, über, nachdem er sich vorher als nicht gelernter Buchdrucker mit der Buchdruckerzunft in Frankfurt wegen seiner »Passierung« vergleichen und abfinden mußte. Von der Regierung wurde ihm verwilligt, daß das am 24. Juli 1699 seinem Eheweib erteilte Privilegium auch auf ihn übergehe und nach deren Tod er die Buchdruckerei fortsetzen dürfe, auch kein anderer Buchdrucker neben ihm geduldet oder ein Privilegium erteilt werde, er aber jedesmal sich guter Schriften, fleißiger Korrektur und Forderung billiggemäßigen Lohnes befleißigen solle.[1052]

Am 8. April 1717 wurde die Druckerei von dem Fürstlichen Regierungskanzlisten Haußmann um den Preis von 1820 Gulden an den Darmstädter Bürger und Ratsverwandten Christoph Forter, gebürtig aus Sontra, verkauft. Derselbe begann nach damaligem frommen Brauch sein Buchdrucker-Manual mit den Worten:

»Der liebe Gott wolle seinen göttlichen Segen und Gedeihen zu dem ganzen Werke geben, daß es möge gereichen zu seines Namens Ehre und zu unserer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt.«

Am 3. Dezember 1736 erging an Forter die Mitteilung, daß seinem Nachsuchen, seinen künftigen Tochtermann Gottfried Eylau zum Hof- und Kanzleibuchdrucker zu bestellen, entsprochen werden solle, »wenn derselbe puncto inferendorum und seiner gehörig erlernten Profession sich zuvorderst gehörig legitimiert habe.«

Durch Dekret vom 25. Februar 1737 wurde Buchdrucker Gottfried Heinrich Eylau auf beigebrachte gute Zeugnisse und von ihm selbst abgelegte Proben seiner Geschicklichkeit zum Hof- und Kanzleibuchdrucker bestellt.

Nachdem Forter bereits im Jahre 1736 zum erstenmale um die Erlaubnis zur Herausgabe eines »Blättchens« nachgesucht hatte, wurde ihm am 30. August 1738 auf seine Erinnerung und Bitte allwöchentlich eine »Nachricht« wie die anderen Städte drucken zu dürfen, aufgegeben, von seinem Vorhaben einmal eine Woche eine Probe zu machen und solche der hochfürstlichen Regierung vorzulegen. Hierauf wurde am 15. Dezember 1738 an J. C. Forter die Konzession »zu Druck und Ausgabung des Anzeigsblättgens« erteilt und ihm aufgegeben, als Modell das »Hanauer Blättchen« zu nehmen. Daß es im geschäftlichen Leben noch recht gemächlich zuging, dafür spricht die erste Ankündigung von dem Erscheinen des »Darmstädtischen Frag- und Anzeigungsblättgens«. Es wird darin folgendes bestimmt: Manuskripte werden Montags, Dienstags, Freitags und Sonnabends angenommen, gedruckt wird das Blatt Mittwochs, ausgegeben Donnerstags von 10-4 Uhr. Die einzelne Nummer umfaßte einen halben Bogen in Kleinquart, die Auflage betrug nicht mehr als etwa 100 Exemplare.

Das Frag- und Anzeigeblatt erscheint jetzt als Darmstädter Tagblatt und ist als ältestes periodisches Blatt im Großherzogtum anzusehen.

Im Jahre 1762 starb Hof- und Kanzleibuchdrucker Eylau. Die Druckerei wurde vorerst durch die Erben weitergeführt. Am 12. Juni 1764 ging dieselbe durch Verehelichung der Tochter Eylaus mit dem Geheimen Kanzleisekretär Johann Georg Wittich an diesen über. Am 28. Oktober 1764 gab derselbe in Frankfurt vor[1053] der Frankfurter Buchdruckergesellschaft die Erklärung ab, daß er durch seine vor einigen Monaten geschehene Verehelichung mit der Tochter des verstorbenen Hof- und Kanzleibuchdruckers Eylau in Besitz von dessen Druckerei gelangt sei und erbot sich zur Erlernung der Buchdruckerkunst. Es wurde beschlossen, daß die Lehrzeit des J. G. Wittich von der Frankfurter Herbstmesse 1764 bis dahin 1767 dauern solle. Für die Erlassung des vierten Lehrjahres habe Wittich 100 Gulden zu zahlen, ferner für Erlassung des dritten Lehrjahres ebenfalls 100 Gulden, sowie 15 Gulden »für die Nebenbemühungen bei Verschenkung seines Postulats.«

Während der Lehrzeit Wittichs wurde die Druckerei durch den Faktor Stein weitergeführt. Am 16. April 1773 erging Bescheid, daß der nunmehrige Hofrat Wittich in dem Privileg bestätigt und derhalben zu schützen sei.

Ludwig Carl Wittich, Sohn des am 1. Mai 1776 verstorbenen Hofrats Wittich, wurde nach bestandener Lehrzeit und, nachdem er von 1790 bis 1796 in hervorragenden Druckereien in Kassel, Leipzig und Berlin tätig gewesen, was auf Verlangen der Regierung nachgewiesen werden mußte, 1797 zum Hof- und Kanzleibuchdrucker ernannt.

Nach dem am 28. Mai 1839 erfolgten Ableben des zweiten Wittich wurde die Druckerei zunächst durch seine Witwe, später durch ihren Schwiegersohn R. L. Venator für Rechnung der Familie Wittich weitergeführt. Letzterer starb am 3. Oktober 1862. Hierauf übernahm ein Enkel von Ludwig Carl Wittich, Ferdinand Wittich, welcher bereits seit 1855 im Geschäfte tätig gewesen, die Leitung desselben. Am 1. März 1863 trat dessen Bruder Rudolph Wittich als gleichberechtigter Teilhaber ein.

Quellen: Hessische Geschichtsmonatsschrift (Darmstadt).

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 6. Berlin/Eberswalde 1908, S. 1052-1054.
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1052 | 1053 | 1054

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