Regel Detri

[115] Regel Detri.. Dieses Wort ist eine Abkürzung der Lat. Worte regula de tribus terminis, d. h. Regel von 3 Gliedern. Wegen ihrer Wichtigkeit für das gemeine Leben und für die Wissenschaften wird sie auch – und dieß mit Recht – die goldne Regel genannt. Sie beruht eigentlich auf einer geometrischen Proportion (worin eine geometrische Proportion besteht und wodurch sie sich von einer arithmetischen unterscheidet, wird in den Nachträgen in dem Artikel Proportion beigebracht werden), wo zu drei gegebenen Zahlen die vierte Proportionalzahl gesucht werden soll. Diese vierte unbekannte Zahl aber läßt sich leicht finden. Man suche den Verhältnißzeiger aus den beiden ersten Gliedern, und multiplicire damit das dritte Glied; das, was herauskommt, ist das vierte Glied oder das gesuchte Facit in einer Aufgabe. [115] Ist aber das Aufsuchen des Verhältnißzeigers, in so fern eine gebrochne Zahl zum Vorschein käme, etwas unbequem, so kann man auch nach einer andern Regel, welche ebenfalls in der Theorie der Proportion ihren Grund hat, also verfahren: man multiplicire das zweite und dritte Glied in einander, und dividire das Product mit dem ersten Gliede; der Quotient, den man erhält, ist das vierte Glied oder das Facit. Ein Beispiel soll alles dieses erläutern. Die drei im Verhältniß stebenden Zahlen oder Glieder mögen 3, 12, 8 sein. Der Verhältnißzeiger aus den beiden ersten Gliedern 3 und 12, welchen man erhält, wenn das zweite Glied (12) durch das erste (3) dividirt wird, ist 4. Mit dieser 4 multiplicire man das dritte Glied (8), so bekommt man zum Product 32. Diese 32 sind nun das vierte Glied in der Proportion. Will man aber den Verhältnißzeiger nicht erst suchen, so multiplicire man nach der angeführten, Regel 12 und 8, als das zweite und dritte Glied, in einander, und dividire das Product 96 durch 3, als das erste Glied, so ist der gefundene Quotient 32 ebenfalls das gesuchte vierte Glied, Man lege nun diesen drei gegebenen Proportionalzahlen, 3, 12, 8, um sie als einen Regeldetri-Satz anzuführen, Benennungen bei und sage: wenn 3 Ellen Tuch mit 8 Thalern gekauft wurden, wie hoch kamen 12 Ellen zu stehen? Man setze diese Aufgabe als eine Proportion an, und spreche:

Wie sich 3 Ellen zu 12 Ellen verhalten, eben so müssen sich auch 8 Thaler, als der Preis von drei Ellen, zu dem Preise von zwölf Ellen verhalten. Fügt man nun das gefundene vierte Glied, hier 32 Thaler, den drei gegebenen Gliedern noch hinzu, so wird jene Gleichheit der Verhältnisse, auf welche die ganze Proportion sich gründen soll, hervorgehen und der ganze Satz so bezeichnet stehen:

3 Ellen: 12 Ellen = 8 Thaler: 32 Thaler.

Aus diesen beiden Verhältnissen erhellet erstlich, daß die Mengen von einerlei Ware sich verhalten, wie ihre Werthe, zweitens, daß das vierte Glied oder das in einer Regel Detri-Aufgabe zu suchende Facit gerade um so größer oder kleiner gegen das dritte Glied sein müsse, als das zweite Glied größer oder kleiner gegen das erste ist. In dem gegebenen Beispiele, wo die Verhältnisse steigen, ist das vierte Glied um vier Mahl größer als das dritte (denn 32 übersteigt 8 vier Mahl); um eben so viel Mahl ist [116] auch das zweite Glied größer als das erste, denn 12 übertrifft 3 ebenfalls vier Mahl. Wenn die Glieder der Verhältnisse in einer Aufgabe so auf einander folgen, daß sich das erste zum zweiten verhält, wie das dritte zum vierten, oder rückwärts, das vierte zum dritten, wie das zweite zum ersten, so nennt man dieß die gemeine und ordentliche Regel Detri. Dieser ist die verkehrte oder umgekehrte Regel Detri entgegengesetzt, und unterscheidet sich von jener darin, daß sich das dritte Glied zum vierten verhält nicht wie das erste zum zweiten, sondern wie das zweite zum ersten. Z. E. 9 Arbeiter haben zu einer gewissen Arbeit 14 Tage nöthig, wie lange werden 21 Arbeiter von gleicher Beschaffenheit über jener zubringen? Wollte man hier so schließen: 9 Arbeiter verhalten sich zu 21 Arbeitern wie 14 Tage zu den unbekannten Tagen, und nach der gemeinen Regel Detri verfahren, so würde man ein sehr unrichtiges Resultat bekommen; denn 21 Arbeiter brauchen weniger Tage, als 9 Arbeiter. Man schließe also: je mehr Arbeiter zu einem bestimmten Geschäft angestellt werden, desto weniger Zeit wird dazu erfordert. Wer dieß also vorher überlegt (und daß bei der Arithmetik solche Ueberlegungen immer vorher angestellt werden müssen, bedarf wohl keiner Erinnerung), der wird obiges Beispiel so ansetzen:

21 Arbeiter: 9 Arb. = 14 Tage: gesuchte Anzahl Tage

und nach Anwendung der für die gewöhnliche Regel Detri gegebenen Regeln ein richtiges Facit erhalten. Setzt man dergleichen Aufgaben in der Ordnung hin, in welcher man sie gewöhnlich auszusprechen pflegt, so multiplicire man die beiden ersten Glieder und dividire in das Probuct mit dem dritten Gliede. Eben dieses Verfahren, welches jenem bei der gemeinen Regel Detri entgegen ist, hat diese Rechnung mit dem Namen verkehrte Regel Detri belegt. – Werden in einer Aufgabe mehr als 3 Glieder gegeben, so wird dieß die zusammengesetzte, doppelte oder vielfache Regel Detri genannt. Auf diese verschiedene Arten der Regel Detri, die hier nach Beschaffenheit der Aufgaben bald ein, bald mehrere Mahle, bald in einem rechten, bald in einem verkehrten Verhältnisse angebracht wird, gründen sich verschiedene andere Regeln und Rechnungsarten, als: die Allegations- oder Vermischungs-Rechnung, die Gesellschafts- [117] oder Theilrechnung, die Rabatt- Interesse- Thara-Wechselreductions-Rechnung u. s. f.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 115-118.
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