[87] Anno oder Hanno, der Heilige, Erzbischof von Köln, ebenso sehr als frommer und strenger Priester wie als kluger und gewandter Staatsmann von seinen Zeitgenossen gepriesen, führte nach dem Tode Kaiser Heinrich III. die Verwaltung des deutschen Reichs, nachdem er sich durch List des unmündigen Thronfolgers Heinrich IV., 1062, bemächtigt und dessen Mutter, Agnes, verdrängt hatte. Mit mönchischer Strenge leitete er des jungen Königs Erziehung und trug dadurch nicht wenig zu dessen Verderben bei; doch legte er die Reichsverwaltung, der er sich mit Energie und Unparteilichkeit unterzogen hatte, 1073 nieder, weil es ihm weder gelang; die Neigung des Königs zu gewinnen, noch den in Deutschland immer mehr einreißenden Handel mit geistlichen Gütern und Würden zu hemmen. In dem Kampfe zwischen dem Könige und dem Papste, Gregor VII., stand er auf des Letztern Seite, der in ihm, dem strengen und charakterfesten Manne, ein vorzüglich geeignetes Werkzeug zur Ausführung seiner Plane erkannte. Doch war A. stets bereit, zu vermitteln und dem Könige guten Rath zu ertheilen. Einen Aufstand der Bürger von Köln unterdrückte er mit Gewalt der Waffen. Er starb 1075, bis an sein Ende eifrigst beschäftigt mit der Verbesserung der Kirchenzucht und des Lebens in den Klöstern, deren er selbst mehre, unter andern die Petersabtei zu Saalfeld in Thüringen, gestiftet hat. Zu Ehren dieses A. wurde wahrscheinlich kurz nach seinem Tode ein Loblied gedichtet, gewöhnlich das Annolied [87] genannt, welches in wahrhaft dichterischem Schwunge sein Leben und Wirken, seine Leiden und Wunder verkündet.