Gregor VII.

Gregor VII.

[263] Gregor VII. (1073–85). Er hieß, ehe er den päpstl. Stuhl bestieg, Hildebrand, brachte seine erste Jugend in Rom zu und trat dann in das Kloster Clugny in Frankreich.

Durch den Papst Leo IX. kam er nach Rom und hier wirkte er unbemerkt, lange ehe er selbst zum Papst erwählt wurde, vorbereitend für seine großen Pläne, indem er mit seinem tiefblickenden Geiste sich den größten Einfluß auf die nacheinander regierenden Päpste zu verschaffen wußte. Bisher war das Verhältniß der katholischen Geistlichkeit zum röm. Stuhle immer noch ein sehr lockeres gewesen, indem eine Menge weltlicher Rücksichten den Geistlichen näher als das kirchliche Interesse lagen. G. wollte für immer die gesammte Geistlichkeit mit unauflöslichen Banden an den päpstl. Stuhl binden und dadurch diesem eine durch die ganze Christenheit reichende Macht verschaffen, welche auf dem festen Grunde des Glaubens ruhte, und der alle geistigen und durch diese auch alle weltlichen Verhältnisse der christlichen Menschheit untergeordnet wären. Kaum war er daher selbst zur päpstl. Würde gelangt, als er diejenigen Schritte that, welche zur Erreichung seines Zwecks die geeignetsten waren. Schon seit längerer Zeit waren fast allgemein auch andere, besonders aber geistliche Ämter, von Denen, welche dieselben zu besetzen hatten, für Geld käuflich, welcher mit Recht für sündlich geltende Misbrauch Simonie genannt wurde. An die weltlichen Interessen wurden ferner die Priester auf das engste durch Frauen und Kinder gebunden, an deren Versorgung sie zu denken hatten. Zwar geboten schon ältere Kirchengesetze die Priesterehe (s. Cölibat), aber man hatte sich wenig mehr um die alten Gesetze der Kirche bekümmert. G. VII. trat [263] sogleich mit den strengsten Verboten gegen Simonie und Priesterehe auf; Jeden, der seinen Verboten zuwiderhandelte, traf der Bannfluch. Bald darauf wurde die Investitur, d.h. die Bekleidung eines Geistlichen mit einem Amte von einem Weltlichen (Laien), bei Bann, sowol den Geistlichen sie anzunehmen, als den Laien sie zu ertheilen, verboten. Dadurch wurde die Besetzung aller geistlichen Ämter vom Papste abhängig. G. that alsbald fünf Bischöfe und mehre kais. Räthe, die sich des Verbrechens der Simonie schuldig gemacht, in den Bann. Kaiser Heinrich IV. (s.d.) aber kümmerte sich um diese Anordnungen nicht, behielt die gebannten Räthe in seinen Diensten und schützte die Bischöfe in ihren Ämtern. Bald aber mußte der Kaiser die Gewalt der Kirche auf das schmerzlichste empfinden. G. VII. lud ihn 1076 zur Verantwortung vor eine Synode nach Rom, und als Heinrich hiernach auf einer Synode zu Worms den Papst für abgesetzt erklären ließ, sprach dieser über ihn den Bannfluch aus, indem er zugleich alle Unterthanen des Kaisers vom Eide der Treue und Unterthanenpflicht lossprach. Sogleich erhoben sich alle öffentlichen und heimlichen Gegner des Kaisers; ja die deutschen Fürsten, welche sich zu Oppenheim versammelt hatten, faßten sogar den Beschluß, daß, um die Ruhe und Ordnung im Reiche herzustellen, ein neuer Kaiser gewählt werden sollte. Heinrich sah sich nun gezwungen, allen Foderungen G.'s nachzugeben, ja er ging, nur von seiner Gemahlin und einem treuen Diener begleitet, im Winter über die Alpen und erschien vor dem Papste als Büßender und Bittender. G. war auf dem Schlosse Canossa, und hier wurde Heinrich endlich, in ein härenes Gewand gekleidet, mit nackten Füßen, nachdem er drei Tage lang im Hofe des Schlosses geharrt hatte, vor den Papst gelassen und vom Banne losgesprochen. In Deutschland wurde indeß der Herzog Rudolf von Schwaben zum Kaiser gewählt. Es kam zu einem Kampfe um die Oberherrschaft, welchen G. benutzte, sein Ansehen immer fester zu begründen. Er erklärte sich nach langem Zaudern endlich für Rudolf, worauf Heinrich 1080 in Brixen ein Concil versammelte, auf dem G. nochmals abgesetzt und der im Bann lebende Erzbischof von Ravenna, als Clemens III., zum Papst erwählt wurde. Das Glück wurde Heinrich günstiger, der Gegenkaiser besiegt und G. selbst drei Jahre in der Engelsburg belagert. Robert Guiscard, der Herzog von Apulien, befreite endlich G., aber die Römer selbst empörten sich gegen ihn und er begab sich nach Salerno, wo er 1085 starb.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 263-264.
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