[97] Apis war der Name des Stiers, der von den alten Ägyptern, vorzüglich in Memphis, der Hauptstadt Mittelägyptens, als das Bild des Gottes Osiris, den man als den Urheber des Ackerbaus ansah, verehrt wurde. Der Sage nach ward er von einer Mutter geboren, die noch nie vorher geboren hatte und von einem Mondstrahle befruchtet worden war. Er durfte nur 25 Jahre leben; starb er während dieser Zeit nicht von selbst, so tödteten ihn dann die Priester und begruben ihn an einen verborgenen Ort. Sein Tod erfüllte das ganze Land mit tiefer Trauer, bis man einen andern auffand, was oftmals lange dauerte. Derselbe mußte nämlich von glänzend schwarzer Farbe sein, ein weißes Dreieck auf der Stirn, auf der rechten Seite einen halbmondähnlichen Fleck und unter der Zunge einen käferförmigen Knoten haben. Hatte man einen solchen Stier gefunden, der aber meist durch künstliche Mittel von den Priestern so zugerichtet wurde, so ward er unter lautem Jubel zunächst in ein eignes Gebäude gebracht, das gegen Osten offen stand, daselbst vier Monate lang gefüttert und dann mit dem Neumonde unter großen Festlichkeiten in den Tempel zu Heliopolis, wo er von den Priestern abermals 40 Tage seine Nahrung erhielt und sorgfältig gewartet wurde. Auf einem kostbar verzierten Schiffe in einem vergoldeten Behältnisse wurde er dann nach Memphis geschafft, wo ein Tempel mit zwei Kapellen und einem großen Hofe seine Wohnung war. Er hatte die beste Abwartung, ein Lager mit prächtigen Teppichen, wurde täglich geräuchert, gewaschen und gesalbt und aus einem besondern heiligen Brunnen getränkt. Aus seinen Bewegungen verkündeten die Priester und die ihn umgebenden Knaben die Zukunft.