Beguinen

[211] Beguinen, Begginen und Begutten nannte man fromme Frauen, welche sich seit dem 11. Jahrh. zu einem gemeinschaftlichen andächtigen und züchtigen Leben vereinigten, ohne Klostergelübde abzulegen, weshalb sie jederzeit ins bürgerliche Leben zurücktreten und heirathen konnten. Solche Vereine entstanden zuerst in den Niederlanden und fanden seit dem 13. Jahrh. auch in den angrenzenden Ländern, sowie in der Schweiz Eingang. Ihren Namen scheinen die Beguinen von dem altdeutschen Worte »beggen«, d.h. eifrig bitten und beten, erhalten zu haben. Sie lebten theils in größern Gebäuden, theils in großen Höfen beisammen, welche Beguinereien hießen und eine Menge kleiner Häuser enthielten, in die sich die Beguinen paarweis vertheilten und in deren Mittelpunkte eine Kirche stand. Unter sich hatten diese Anstalten keine engere Verbindung und jede Beguine sorgte durch Handarbeiten für ihren eignen Unterhalt, gab auch noch einen Beitrag an die Gesellschaftskasse zu Bestreitung gemeinschaftlicher Bedürfnisse, ehe Vermächtnisse und Schenkungen dies unnöthig machten. Die Tracht der Beguinen war dunkelgrau, braun, in Niedersachsen himmelblau und fast in allen Städten fand man Beguinereien, die als weltliche Anstalten auch unter der weltlichen Obrigkeit standen. Nach dem Muster derselben bildeten sich seit Anfang des 13. Jahrh. Männergesellschaften, welche Begharden hießen, beide hatten aber von der Eifersucht der geistlichen Orden viel Verfolgungen zu leiden und wurden vorzüglich im 14. Jahrh., wo sie mit den Albigensern in Berührung kamen und mit ungesetzlichen geistlichen Orden verwechselt wurden, von Päpsten und Concilien bekämpft, was im Verein mit der spätern Reformation ihren Untergang herbeiführte. In Deutschland erhielten die Beguinen zur Zeit der Reformation den Namen Seelenweiber, weil sie sich der Seelsorge ihres Geschlechts annahmen, und man nannte ihre Häuser Seelhäuser, aus denen später meist Hospitäler wurden, welche mitunter sogar ihren ursprünglichen Namen beibehielten. Am längsten bestanden die Beguinen in den Niederlanden, wo es noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts Beguinereien gab.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 211.
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