[235] Berri (Karoline Marie Ferdinande Luise, verwitwete Herzogin von), geb. 5. Nov. 1798, älteste Tochter des 1830 verstorbenen Königs beider Sicilien, Franz I., vermählte sich 1816 mit Karl Ferdinand, Herzog von B., welcher am 14. Febr. 1820 an der Abends vorher vor dem Opernhause in Paris von dem Schwärmer Louvel erhaltenen Stichwunde starb.
Die Herzogin war damals Mutter einer Tochter, 71/2 Monat später gebar sie einen Prinzen, welcher Heinrich, Herzog von Bordeaux genannt wurde und bis zur Juliusrevolution 1830 der wahrscheinliche Erbe des franz. Thrones war. Nachdem in Folge derselben die franz. Krone an die jüngere oder Orleans'sche Linie der franz. Bourbons gekommen, folgte die Herzogin mit ihren Kindern dem entthronten Könige Karl X. nach England, sann jedoch darauf, nach Frankreich zurückzukehren und mit Hülfe der Anhänger der ältern Linie den Thron ihrem Sohne zu gewinnen, welchen eine Partei als Heinrich V. für den rechtmäßigen König von Frankreich ansah. Da diese Partei der Henriquinquisten vorzüglich im südl. und westl. Frankreich thätig war, begab sich die Herzogin 1831 nach Italien und landete endlich am 29. Apr. 1832 mit einigen Getreuen bei [235] Marseille, wo am 30. ein Aufstand ausbrechen sollte. Das Mislingen desselben bewies sogleich, daß sie die Macht ihrer dortigen Freunde überschätzt habe, und sie begab sich nun in die Vendée, wo sie als Regentin im Namen Heinrich V. auftrat. Der von ihr erregte Aufruhr wurde jedoch bald unterdrückt und sie selbst nach vielen überstandenen Gefahren und Abenteuern am 7. Nov. in Nantes verhaftet. Man brachte sie als Staatsgefangene auf die Citadelle von Blaye und die franz. Regierung wollte über die weiter zu ergreifenden Maßregeln die Kammern entscheiden lassen, als plötzlich bekannt wurde, daß die Herzogin schwanger sei und sie selbst am 22. Febr. 1833 schriftlich erklärte, sich in Italien wieder vermählt zu haben. Dieses setzte der großen Theilnahme ein Ziel, welche bisher die Herzogin gefunden hatte, die von allen Gliedern der vertriebenen kön. Familie den Franzosen durch ihr Benehmen am meisten gefallen und sich durch Freigebigkeit und Leutseligkeit viele Freunde gemacht hatte. Sie wurde bald nachher von einer Tochter entbunden und mit derselben im Jun. zu Schiffe nach Sicilien gebracht, wo ihr erklärter Gemahl, der Graf Hector Lucchesi-Palli, lebte. Nach dem bald erfolgten Tode ihrer neugeborenen Tochter begab sie sich nach Östreich, wo sie sich mit der über ihr Benehmen erzürnten Familie Karl X. auszusöhnen suchte.