Blässe

[259] Blässe, blasse Farbe der Haut heißt die weißliche, zuweilen ins Gelbliche oder selbst Grauliche spielende Färbung der Haut, die am meisten im Gesicht bemerkt und im Allgemeinen als ein Zeichen von Schwäche und Krankheit angesehen wird. Sie entsteht entweder dadurch, daß die feinen Haargefäße der Haut zu wenig Blut enthalten oder weil das Blut selbst zu blaß, zu arm an rothfärbenden Bestandtheilen ist und eine zu wässerige Beschaffenheit hat. Am häufigsten wird sie bei Krankheiten beobachtet, durch welche vorzugsweise die Ernährung des Körpers leidet, wie bei der Bleichsucht, Wassersucht, den meisten Schwindsuchten und nach großen Säfteverlusten, z.B. nach heftigen Blutungen. Sie tritt aber auch für längere oder kürzere Zeit ein, wenn heftige Gemüthsbewegungen, wie z.B. Furcht, Schreck, Gram, unbefriedigte Liebessehnsucht u.s.w. den freien Umlauf des Blutes, insbesondere die Thätigkeit des Herzens, beeinträchtigen und einen krampfhaften Zustand der Haargefäße der Haut bewirken, durch welchen der Eintritt von Blut in dieselben gehemmt, das vorhandene aber ausgetrieben wird, wie dies in besonders hohem Grade bei Ohnmachten geschieht. Außerdem ist blasse Färbung der Haut eine sehr gewöhnliche Erscheinung bei Menschen, die der wohlthätigen Einwirkung des Lichtes und der freien Luft lange Zeit entbehren und in eingeschlossenen, dunkeln, feuchten Orten leben mußten. Man beobachtet sie daher bei Eingekerkerten, Bergleuten u.s.w.; bei Personen, die eine mehr sitzende Lebensweise führen, wie Gelehrte und manche Handwerker, oder die durch Nachtwachen, Strapazen und Ausschweifungen erschöpft sind; endlich erscheint sie auch als von Geburt an natürliches Colorit bei Menschen schwächlicher Leibesbeschaffenheit und phlegmatischen Temperaments. Doch erhalten durch naßkaltes Klima oder lange anhaltende naßkalte Witterung oft selbst ganz Gesunde eine blasse Hautfarbe.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 259.
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