Blaufarbenwerke

[260] Blaufarbenwerke ist vorzugsweise der Name bergmännischer Anstalten zur Bereitung der Zaffra oder Safflor und Schmalte genannten blauen Farben aus Kobalterzen, weißen Kieseln, Sand und Pottasche. Das Kobalterz wird vorzüglich im sächs. Erzgebirge, in Böhmen, Schlesien, Norwegen und andern Ländern, in Gängen, Schichten und auch bei Silber-, Kupfer- und Bleierzen gefunden. Ehe um die Mitte des 16. Jahrh. in Sachsen seine Benutzung zu blauer Farbe entdeckt wurde, warf man es als werthlos zur Seite und fürchtete seine giftigen Eigenschaften. Es pflegt nämlich außer dem eigentlichen Kobalt, einem sehr harten und spröden Metalle von grauröthlicher Farbe, das aber nur im Kleinen zu besondern Zwecken dargestellt wird, weil man es nicht benutzt, und außer Eisen, Nickel und Wismuth auch viel Arsenik zu enthalten. Will man nun aus Kobalterz blaue Farbe bereiten, so müssen zuerst die dem Kobalt fremden Mineralien abgesondert werden. Dies geschieht, indem das Erz mittels von Wasser getriebener Hämmer und Stempel gepocht oder zerkleinert und nachher in besondern Öfen geröstet, d.h. einer Hitze ausgesetzt wird, welche vorhandenen Schwefel und Arsenik verflüchtigt, den Wismuth herausschmilzt, sowie den Kobalt durch Glühen zur Aufnahme [260] von Sauerstoff aus der Luft oder zum Oxydiren geschickt und dadurch mürbe macht. Der Arsenik wird dabei in sogenannten Giftfängen aufgefangen, welche nach Art der Rauchfänge gebaut und mehre 100 F. im Zickzack fortgeschleift sind. In dieselben werden die Arsenikdämpfe geleitet, setzen sich als eine Art Mehl darin an, welches Hüttenrauch heißt, von Zeit zu Zeit eingesammelt und in den Gifthütten vollends gereinigt wird. Der oxydirte Kobalt oder das Kobaltoxyd wird jetzt vollends klar gestoßen oder auf eignen Mühlen gemahlen, dann mit zwei bis vier Theilen sein geriebenem Sande oder gerösteten, gepochten und gesiebten Kieseln vermischt, in Fässer verpackt und kommt nun als die, Zaffra und Safflor genannte blaue Farbe in den Handel. Der Verbrauch derselben zu Töpferglasur, zur Färbung von Porzellan, Glas u.s.w. ist aber beiweitem nicht so groß und nutzbar, wie der der Schmalte, welche ebenfalls aus dem gemahlenen Kobaltoxyde erhalten wird, das man zu dem Ende mit Pottasche, reinem, ausgeschlämmtem und gebranntem Sande, oder weißem, gestoßenem und stark gebranntem Quarze in großen feuerfesten, irdenen Tiegeln im Schmelzofen zu Glasmasse schmilzt. Ist diese flüssig genug, so wird sie mit eisernen Löffeln ausgeschöpft und in die Speisebütten, große Fässer, durch welche fortwährend kaltes Wasser fließt, gegossen, um es schnell zu Glas erkalten zu lassen, was der blauen Farbe desselben vortheilhaft ist. Dieses blaue Glas wird fein gepocht und dann auf der eigentlichen Blaufarbenmühle zu einem möglichst feinen Mehle gemahlen, wodurch die Schmalte fertig ist. Man schüttet sie hierauf in Fässer mit Wasser, läßt das Gröbste sich setzen, leitet dann das Wasser mit den feinern Glastheilen in ein zweites Faß und wiederholt dies mehrmals, bis man den feinsten Niederschlag und durch das öftere Waschen zugleich die zahlreichen Sorten der Farbe, von denen die gröbern Blaufarbe und Kobalt, die feinern Eschel heißen, erhalten hat. Das letzte Wasser wird in besondere Gefäße geleitet, welche Sümpfe heißen und in denen sich der geringste Bodensatz, der Sumpfeschel, bildet. Die Schmalte wird ebenfalls in Fässer gepackt, denen man das Zeichen der darin enthaltenen Sorten einbrennt und sie so weit und breit versendet. Sie ist nebst dem Ultramarinblau die einzige feuerbeständige blaue Farbe und wird deshalb zu Glas-, Email-, Porzellanmalereien, Glasuren u.s.w. vielfältig gebraucht. Auch zum Blauen von Zeuchen und Wäsche dient sie und der Abgang der Blaufarbenwerke liefert noch einen schönen blauen Streusand.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 260-261.
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