Silber

[193] Silber (das) ist ein schon in der ältesten Zeit bekanntes edles Metall, welches ziemlich häufig vorkommt, besonders gediegen, in Verbindung mit Gold, Quecksilber oder Antimon, auch verbunden mit Chlor, Schwefel u.s.w. Das reine Silber hat eine weiße, schwach ins Gelbliche fallende Farbe, starken Metallglanz, ist ziemlich hart und elastisch, klingt, ist stark dehnbar, sodaß man es in seine Blättchen, zu Blattsilber, schlagen und zu seinem Draht ausziehen kann. Ein Gran gibt einen 400 F. langen Draht. Es ist gegen 101/2 Mal so schwer als Wasser, schmilzt in starker Hellrothglühhitze und verflüchtigt sich nur in der höchsten Hitze, im Brennpunkte des Brennspiegels und zwischen den Polen der galvan. Säule. In Salpetersäure löst es sich leicht und vollständig auf und gibt eine wasserhelle Auflösung, in welcher alles Metall durch Salzsäure in weißen käsigen Flocken als Hornsilber niedergeschlagen wird. Silbererze heißen theils solche Mineralien, in denen das Silber nur in geringer Menge beigemischt ist, theils solche, in denen es den Hauptbestandtheil ausmacht. Zur ersten Art gehören das Fahlerz, der Bleiglanz, Kupferkies und Buntkupfererz. Man gewinnt aus diesen vieles Blei und Kupfer, auch das Silber. Eigentliche Silbererze sind: das gediegene Silber, welches mehr oder weniger Gold enthält, der Silberglanz, das Glas- oder Glanzerz, welches Schwefel enthält, das Schwarzgültig- oder Sprödglaserz, das Rothgültigerz (beide enthalten Silber, Schwefel und Antimon oder Arsenik), das Weißgültigerz (Silber, Schwefel, Blei und Antimon). Die Gewinnung aus diesen Erzen geschieht theils durch den Schmelzproceß, theils durch den Amalgamationsproceß. Was zunächst den erstern betrifft, so werden reiche und ziemlich reine Silbererze in größern Stücken (was jedoch nicht häufig vorkommt) entweder mit Bleizusatz in Graphittiegeln geschmolzen, oder auf dem Treibherde abgetrieben und dabei silberhaltiges Blei zugesetzt. Dann verbindet sich der Schwefel des Erzes mit dem Blei und das Silber scheidet sich ab. Bei minder reichen Erzen, die jedoch kein Kupfer oder dies nur in geringer Quantität besitzen, wird Schwefelkies beim Schmelzen zugesetzt, und man erhält dann einen Rohstein, welcher vorzüglich aus Schwefeleisen besteht und Silber enthält, und hernach geröstet, mit Blei, Bleiglätte oder geröstetem Bleiglanz wieder geschmolzen wird. Durch dieses Verbleiungsschmelzen oder Bleiarbeit erhält man ein silberhaltiges, zum Abtreiben geeignetes Blei. Ein anderes Verfahren besteht darin, daß man durch Schmelzen der Erze einen aus Schwefelsilber und andern Schwefelmetallen gemischten Rohstein, Lech, herstellt, welcher aus dem Ofen in eine zum Theil mit Blei gefüllte Grube abgelassen und hier mit dem Blei durchgerührt wird, was man die Eintränkarbeit nennt. Dabei verbindet sich das Silber mit dem Blei, und die Schwefelmetalle scheiden sich an der Oberfläche ab; das silberhaltige Blei wird abgetrieben. Bei allen bisher beschriebenen Verfahrungsarten erhält man zuletzt ein Werkblei genanntes silberhaltiges Blei. Die Scheidung des Silbers aus diesem geschieht durch das Abtreiben. Dabei bedient man sich des Treibherdes, der zirkelrund, vertieft und aus ausgelaugter, zusammengestampfter Holzasche gebildet ist. Er wird durch die Flamme des seitwärts angebrachten Feuerherdes erhitzt und mit einer kugelartigen Haube bedeckt. Das Blei wird auf diesem Herde eingeschmolzen und im flüssigen Zustande dem Luftstrome zweier Blasebälge ausgesetzt. Dabei oxydiren das Blei und die noch sonst beigemischten unedlen Metalle und fließen in Glätte verwandelt ab, indem das Silber als Blicksilber oder bergseines Silber zurückbleibt. Das Eintreten der Reinheit des geschmolzenen Silbers zeigt sich durch den Silberblick, ein mit Erscheinung von Regenbogenfarben begleitetes Blinken, indem das Silber zu erstarren beginnt. Die Saigerarbeit dient, um silberhaltiges Schwarzkupfer auf Silber zu behandeln. Das Erz wird mit Blei eingeschmolzen, um die scheibenförmigen Frisch oder [193] Saigerstücken zu erhalten, welche dann auf dem Saigerherde zwischen Holzkohlen ausgeglüht werden. Das silberhaltige Blei faigert dann aus und das Kupfer bleibt in Gestalt poröser Scheiben (Kiehnstöcken) zurück, die man nochmals aussalgeri (Darrarbeit). Das ausgesaigerte silberhaltige Blei wird der Treibarbeit unterworfen. Es enthält nur noch zwei bis fünf Procent fremde Beimischung. – Der Amalgamationsproceß kann nicht bei silberhaltigen Blei- und Kupfererzen, sondern nur bei den eigentlichen Silbererzen angewendet werden. Das Silber wird mit Quecksilber zu Amalgam verbunden abgeschieden und dann vom Quecksilber getrennt. Man pocht die Erze, vermengt sie mit Kochsalz und röstet sie in einem Flammenofen, um das Schwefelsilber in Chlorsilber umzuwandeln. Hierauf werden die Erze sein gemahlen, mit Wasser, Quecksilber und geschmiedeten eisernen Platten in Fässer gethan und in diesen ungefähr 18 Minuten lang bewegt, indem man die Fässer in drehende Bewegung setzt. Bei dieser Operation wird das erste Chlorsilber durch das Eisen zersetzt und das Silber verbindet sich mit dem Quecksilber zu einem flüssigen Amalgam. Dieses wird in Zwillichbeuteln ausgepreßt und der Rückstand in flachen eisernen Ralaten oder gußeisernen Schüsseln unter eisernen in Wasser stehenden Cylindern ausgeglüht. Dadurch verflüchtigt sich das Quecksilber, um sich im Wasser wieder zu verdichten, das Silber aber bleibt, noch immer von andern Metallen verunreinigt, zurück. Man schmilzt es in Graphittiegeln unter Zutritt der Luft, wobei sich die unedlen Metalle oxydiren und als Schlacken obenauf schwimmen. Sowol das durch Amalgamation wie das durch Schmelzung gewonnene Silber muß, um als Feinsilber in den Handel zu kommen, noch einem weitern Reinigungsverfahren unterworfen werden, welches das Feinbrennen genannt wird. Dasselbe geschieht, wenn das Silber besonders mit Blei verunreinigt ist, in einem nochmaligen Abtreiben, wobei man sich eines Testes, d.h. einer aus ausgelaugter Holzasche in einem eisernen Ringe geschlagenen Schüssel bedient, welche in den Zwischenräumen das geschmolzene Bleioxyd einsaugt. Dabei wird für hinreichend starken Zutritt der Luft gesorgt, um den Oxydationsproceß zu fördern. Ist besonders Kupfer oder ein anderes Metall dem Silber beigemischt, so wird erst Blei in hinreichender Menge zugesetzt und dann wie vorhin verfahren. – Das Feinsilber oder Brandsilber soll höchstens 1/5 Procent unedle Metalle beigemischt enthalten. Da das seine Silber zu weich ist, so wird es nur selten als solches verarbeitet, sondern in der Regel zuvor mit Kupfer legirt. (S. Legiren.) Um zu erfahren, welchen Gehalt von seinem Silber eine Legirung hat, probirt man es. Am häufigsten, aber nur zu ungefährer Untersuchung bedient man sich der Strichprobe. Auf dem Probirstein, einem schwarzen Kieselschiefer, macht man einen Strich mit dem zu prüfenden Silberstücke und daneben Striche mit den Probirnadeln aus Silber, deren Gehalt man kennt. Die Gleichheit der Färbung gibt dann an, welcher Nadel das zu prüfende Stück entspricht, also den Gehalt desselben. Auch die meisten Legirungen unedler Metalle geben zum Theil einen silberähnlichen Strich, aber dieser verschwindet ganz oder größtentheils, wenn man ihn mit einer Auflösung von 1 Loth Kupfervitriol und 3/4 Loth Kochsalz in 4 Loth Wasser anfeuchtet. Dies geschieht indeß auch mit Strichen von Silber, welches weniger als 6 Loth Feingehalt hat. Genauer ist die Probe durch Abtreiben oder Kapellenprobe und durch die erste Probe. Bei jenem bringt man einen geringern Theil der Legirung mit Blei auf die Kapelle, den Treibscherben, welcher aus einem von gepulverter Knochenasche gemachten Schälchen besteht, und schmilzt es unter Zutritt der Luft. Dann oxydirt sich das unedle Metall und zieht sich in die Knochenasche und das seine Silber bleibt als Kern zurück. Man wiegt dies abermals, und findet nun den Antheil Silber, welchen das bekannte Gewicht der Legirung enthält. Bei der nassen Probe wird die Legirung in Salpetersäure aufgelöst, und der Auflösung eine Kochsalzauflösung zugesetzt. Dann schlägt sich das Silber als Chlorsilber nieder und man macht nun auf die Menge des Kochsalzes, welche zur Bewirkung des Niederschlages nöthig war, einen Schluß auf den Gehalt der Legirung.

Das Silber kommt in den Handel in Gestalt länglich viereckiger Stücke, Barren (s.d.), halbrunder Stücke, Zainer, und dicker buchförmiger Platten, Planchen, sowie in Gestalt von Münzen. Unter den deutschen Staaten hat die reichsten Silberbergwerke Sachsen im Erzgebirge. Hier werden jährlich an 60,000 Mark gewonnen. Preußen producirt über 20,000 Mark, besonders im Mannsfeldischen. Die östr. Staaten bringen jährlich über 110,000 Mark hervor, Ungarn allein über 90,000 Mark. Im Harz gewinnt Hanover jährlich etwa 35,000 Mark. Schweden hat nur ein Silberbergwerk bei Sala, welches ehemals über 24,000 Mark lieferte, jetzt aber kaum noch 2000 Mark. Norwegen hat ein sehr ergiebiges Silberbergwerk in Kongsberg. In Rußland sind in dem Zeitraume von 1704–1828 zusammen 7,188,720 Mark Silber ausgebeutet worden. Besonders reich an Silber ist Amerika. Nach von Humboldt's Angabe lieferte zu Anfang dieses Jahrhunderts jährlich das Vicekönigreich Neuspanien 2,290,6571/3, Peru 600,684, Chile 29,1921/5, Buenos Ayres 473,6264/5 preuß. Mark. Die span. Colonien haben seit ihrer Entdeckung bis 1803, in 311 Jahren gegen 503,978,200 preuß. Mark, also über 7000 Mill. Thaler gebracht.

Das Silber wird theils zu Münzen (s.d.), theils zur Herstellung von allerlei Geräthschaften und Schmucksachen verwendet. Da der Kupferzusatz bei Eß- und Trinkgeschirren nachtheilig werden kann, wenn er im Verhältniß gegen das Silber zu bedeutend ist, so bestehen in den meisten Staaten Gesetze, welche vorschreiben, wieviel löthiges Silber verarbeitet werden darf. In Sachsen, Berlin, Breslau, Hanover, Bremen, Hamburg wird meist 12löthiges (unter 16 Loth der Masse 12 Loth Silber); in Augsburg, Nürnberg, Wien, Prag, Kopenhagen, Königsberg, Danzig, Strasburg 13löthiges, in Schweden 13 Loth 41/2 Grän feines, in Frankreich und England 15löthiges, in Holland zu großen Geschirren 15löthiges, zu kleinern 14löthiges Silber genommen. Hiernach kann man schon aus dem Stadtwappen, mit welchem silberne Geräthe gestempelt sind, entnehmen, wie der Gehalt derselben an Feinsilber ist. – Die Silberarbeiter (welche meist zugleich auch Goldarbeiter sind) beschäftigen sich mit der Herstellung von Geräthen und Putzgegenständen aus Silber.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 193-194.
Lizenz:
Faksimiles:
193 | 194
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Titan

Titan

Bereits 1792 beginnt Jean Paul die Arbeit an dem von ihm selbst als seinen »Kardinalroman« gesehenen »Titan« bis dieser schließlich 1800-1803 in vier Bänden erscheint und in strenger Anordnung den Werdegang des jungen Helden Albano de Cesara erzählt. Dabei prangert Jean Paul die Zuchtlosigkeit seiner Zeit an, wendet sich gegen Idealismus, Ästhetizismus und Pietismus gleichermaßen und fordert mit seinen Helden die Ausbildung »vielkräftiger«, statt »einkräftiger« Individuen.

546 Seiten, 18.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon