Brennglas

[319] Brennglas heißt ein wenigstens auf einer Seite erhaben geschliffenes, rundes Glas, durch welches die darauf fallenden Sonnenstrahlen in einem so kleinen Raume, dem sogenannten Brennraume, vereinigt werden, daß sie einen dort befindlichen Körper je nach seiner Beschaffenheit verbrennen, schmelzen, zum Sieden bringen und ihn überhaupt ganz den durch große Hitze bedingten Veränderungen unterwerfen. Für Brennraum sagt man häufig auch Brennpunkt oder nach dem Lateinischen Focus, genau genommen verdiente aber nur der Mittelpunkt des Brennraumes diesen Namen. Brenngläser, welche auf beiden Seiten erhaben sind, besitzen eine geringere Brennweite, d.h. der Brennraum liegt nicht so fern von ihnen, als von den einseitig erhabenen und sie wirken daher auch weit stärker. Um die gehörige Wirkung eines Brennglases hervorzubringen, muß man die Sonnenstrahlen rechtwinkelig darauf fallen lassen und dann zeigt sich das dadurch im Brennraume entstehende verkleinerte Sonnenbild kreisrund. Die Kraft eines Brennglases verstärkt sich, wenn man ein kleineres, dann Collectivglas genannt, zwischen demselben und seinem Brennraume so aufstellt, daß dadurch die schon zusammengedrängten Sonnenstrahlen noch näher vereinigt werden. Ungeachtet bereits im Alterthume die Wirkung der Brenngläser oder ihnen ähnlicher durchsichtiger Steine nicht unbekannt gewesen zu sein scheint, wurden sie doch erst gegen Ende des 13. Jahrh. der Gegenstand allgemeinerer Aufmerksamkeit und gegen Ende des 17. Jahrh. gelang es dem als Mathematiker, Naturforscher und Philosoph verdienten kursächs. Rathe, Ehrenfr. Walter von Tschirnhausen, auf einer eignen Schleifmühle Brenngläser von außerordentlicher Größe herzustellen, von denen zwei, die 33 Zoll im Durchmesser halten und 160 Pf. schwer sind, sich noch im Cabinet der pariser Akademie der Wissenschaften befinden. Obgleich das nicht völlig reine Glas ihre Wirkung beeinträchtigt, kann doch nasses Holz augenblicklich damit angezündet, kaltes Wasser in kleinen Gefäßen zum Sieden gebracht, ja Metalle können damit geschmolzen oder in Kalk, Glas u.s.w. verwandelt werden. In Frankreich setzte man seit 1774 Brenngläser aus zwei ungefähr wie Uhrgläser gestalteten Gläsern zusammen und füllte den innern hohlen Raum mit durchsichtigen Flüssigkeiten aus. Auf diese Art wurde ein Brennglas von vier Fuß im Durchmesser hergestellt, das schon darum erstaunlichere Wirkungen hervorbringen mußte als alle frühern, weil es vermöge seiner Größe viel mehr Sonnenstrahlen vereinigte. Hieraus erklärt sich auch die in neuerer Zeit mehrfach gemachte Erfahrung, daß Wasserflaschen, ebenso wie der Form der ältern Brenngläser ähnliche runde Fensterscheiben, Feuersbrünste veranlassen können, wenn sich entzündliche Sachen in ihrer Brennweite befinden, indem die Sonne durch sie wie durch Brenngläser wirkt. [319] Die Brenngläser vermögen übrigens bei gleicher Größe und Krümmung doch beinahe viermal weniger als die Brennspiegel, d.h. hohlgeschliffene Spiegel von Glas, Metallen oder andern Stoffen, daher auch Hohlspiegel genannt, welche die darauf fallenden Sonnenstrahlen ebenfalls in einem Brennraume vereinigen und auf in denselben gebrachte Gegenstände den Brenngläsern ähnliche, jedoch stärkere Wirkungen äußern. Die Richtung der Brennspiegel gegen die Sonne muß mit jener der Brenngläser dieselbe sein, wenn sie die gehörige Wirksamkeit haben sollen, wo dann das im davor liegenden Brennraume aufgefangene Sonnenbild wie dort kreisrund erscheint. Die Brennspiegel sind gewöhnlich rund, man bedient sich aber auch parabolischer, und selbst durch mehre gewöhnliche Spiegel kann eine ähnliche Wirkung hervorgebracht werden, wenn man die letzten so stellt, daß sie alle das Sonnenbild auf einen und denselben Punkt zurückwerfen. Büffon (s.d.) gelang es z.B. auf diese Art mit 168 Spiegeln Holz in einer Entfernung von 200 F. anzuzünden. Für die Chemie und Physik sind die Versuche mit großen Brenngläsern und Brennspiegeln sehr wichtig, mit erstern aber wegen des dahinter liegenden Brennraumes minder schwierig. Die zündende Kraft der metallenen Hohlspiegel war im Alterthume ebenfalls schon bekannt, doch wurden sie erst in neuerer Zeit von ansehnlicher Größe, und zwar auch aus Holz, Pappe, Stein und andern Materialien verfertigt, deren Oberfläche einer starken Politur fähig ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 319-320.
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