[809] Zoll oder Mauth, franz. Douane. Die Zölle sind vom Staate den ein-, aus- oder durchgeführten Waaren aufgelegte Abgaben, daher sie auch näher als Importations- oder Einfuhr-, Exportations- oder Ausfuhr- und Transito- oder Durchfuhrzölle bezeichnet werden. Einfuhrzölle von zum Verbrauche fertigen Waaren sind eigentlich nur Verbrauchssteuern [809] oder Accise, wie andererseits die sogenannte Grenzaccise ein Grenzzoll war. Die Befugniß des Staates zur Abgabenerhebung von den im Verkehr auf seinem Gebiet vorkommenden Waaren oder sein Zollrecht gehört zu den Majestätsrechten und ihre Ausübung macht heutzutage eine der wichtigsten Aufgaben der Staatskunst aus, weil dabei nicht blos die Einträglichkeit der Zölle für die Staatskassen, sondern außerdem berücksichtigt werden muß, daß sie dem Handel, den Gewerben und dem allgemeinen Verkehr nicht hinderlich, ja unter Umständen einzelnen Zweigen der innern Industrie selbst förderlich werden sollen, indem sie in der Eigenschaft von Schutzzöllen zu Gunsten inländischer Erzeugnisse des Gewerbfleißes die Einfuhr gleicher Gegenstände erschweren oder selbst ganz verhindern, wenn der darauf gelegte Einfuhrzoll den Preis derselben so steigert, daß sich keine Käufer neben den inländischen dazu finden. In mehren Staaten werden die bei der Einfuhr gewisser Waaren erlegten Zölle, wenn jene Waaren (zuweilen sogar in durch Arbeit verändertem Zustande) wieder aus dem Lande gehen, ganz oder theilweise unter dem Namen von Rückzoll oder Ausfuhrprämien zurückerstattet. Erhoben werden die Zölle an dazu besonders eingerichteten Hebestellen, den Zollstätten (Zollämtern, Mauthämtern), sowol nach der Quantität (Maß oder Gewicht) als auch nach der Qualität der zollbaren Gegenstände nach den für jeden vorherbestimmten Zollsätzen. Das Gesammtverzeichniß derselben heißt Zolltarif und Zoll- oder Heberolle, alle Gesetze und Bestimmungen über das Zollwesen eines Landes aber machen dessen Zollordnung aus. Umgehungen der Zollgesetze heißen Zolldefraudation oder Schmuggelei, und es sind vornehmlich hohe Zölle, welche zu diesem gesetzwidrigen, häufig mit großer List und an den Grenzen zuweilen mit Anwendung offener Gewalt wider die Grenzzollwachen betriebenen, widerrechtlichen Beginnen verleiten. Zölle gehören zu den indirecten Steuern (s.d.) und wurden schon im Alterthume, z.B. in Athen, im röm. Reiche erhoben. Die Einnahme derselben war in der Regel verpachtet, die Einnehmer selbst, die Zöllner, standen aber in einem schlimmen Rufe und in der heiligen Schrift werden sie mit den Sündern zusammengestellt; denn das Verpachten der Zölle mochte Viele zu Bedrückungen und habsüchtigen Handlungen verleiten. In der neuern Zeit ist der Ursprung der meisten Zölle wol derselbe mit dem des Geleites (s.d.) gewesen, d.h. der Grundherr oder Beherrscher einer wichtigen Straße oder eines Passes erhielt einen kleinen Theil von den vorübergeführten Waaren freiwillig, damit er nicht das Ganze rauben oder wenigstens das Weiterschaffen verhindern möge, was in seiner Macht gestanden hätte. An die jetzigen Rücksichten auf Handels- und Gewerbeinteressen dachte damals Niemand, wol aber fürchtete man den Misbrauch des Zollrechts auch in Deutschland frühzeitig und versuchte ihm Schranken zu setzen, obgleich kein Reichsstand ohne kais. Bewilligung dasselbe besaß und später die einhellige Zustimmung der Kurfürsten nothwendig war, wenn eine solche kais. Bewilligung ertheilt werden sollte, wie seit Karl V. ein durch alle kais. Wahlcapitulationen gehender Paragraph bestimmte. Da jedoch frühere Kaiser schon ihr Recht sehr gemisbraucht und für Wahlstimmen und andere Unterstützungen häufig Zölle an einzelne Reichsstände verliehen hatten, auch später sämmtliche bis 1711 ertheilte Zollgerechtigkeiten anerkannt wurden, so gab es deren in Deutschland an den Heerstraßen und schiffbaren Flüssen in Menge. Erst nach völliger Umgestaltung der deutschen Verhältnisse ist es im laufenden Jahrh. auch darin anders bei uns geworden und nach dem Vorgange von Östreich und Preußen, welche zuerst ihre Zollstätten an die Grenzen verlegten und fast alle Zölle im Innern aufhoben, haben große Theile von Deutschland Zollsysteme im Sinne der neuern Handels- und Finanzpolitik verabredet und Zollvereine gebildet. Auf dem Gebiete derselben werden die Zölle nach den Bestimmungen gemeinsam abgefaßter Zolltarife für gemeinschaftliche Rechnung der vereinten Staaten erhoben und der Ertrag von ihnen nach einem vorher angenommenen Verhältnisse getheilt. Zu dem ersten derartigen Zollvereine trug wesentlich mit bei, daß Preußen mehre kleine Bundesstaaten ganz und von andern einzelne Theile umschloß und zum Besten seines neuen Zollsystems bald lebhaft wünschte, dasselbe in jenen Gebieten eingeführt zu sehen. Und was anfänglich wegen der von Preußen zuletzt angenommenen strengen Maßregeln zu langwierigen Streitigkeiten zu führen schien, wurde am Ende nach Anerkennung der Nothwendigkeit mit gegenseitigem Vortheile vertragsmäßig gegründet. Schon Oct. 1819 schlossen sich auf solchem Wege Schwarzburg, Sondershausen mit der untern Grafschaft, 1822 Schwarzburg-Rudolstadt mit den enclavirten Landestheilen der untern Grafschaft, 1823 Sachsen-Weimar für die Ämter Allstädt und Oldisleben, sowie Anhalt-Bernburg mit einigen Enclaven und bis 1829 außer den übrigen anhaltischen Ländern, noch Lippe-Detmold (mit Gebietstheilen), Mecklenburg-Schwerin, Hessen. Homburg, Sachsen-Koburg, das ganze Großherzogthum Hessen (1828) dem preuß. Zollsystem an. Mit diesem hatte sich das übrige Deutschland aber noch keineswegs zu befreunden vermocht und es machten sich inzwischen verschiedene Bestrebungen dagegen geltend. Ein 1819 vom damaligen Professor List in Tübingen und den Kaufleuten Ellch von Kaufbeuren und Schnell zu Nürnberg am letzten Orte gestifteter süddeutscher Handelsverein suchte die Vereinigung der kleinen Staaten zu gemeinsamen Gegenmaßregeln und das Eingreifen der Bundesversammlung herbeizuführen. Es kam indeß trotz vielfältiger Unterhandlungen zu keiner wirklichen Verständigung; nur die beiden Fürstenthümer Hohenzollern, welche schon seit 1824 dem würtemberg. Zollwesen sich angeschlossen, Würtemberg und Baiern traten 1828 zu einem Zollvereine zusammen und nun wurde noch im nämlichen Jahre von dem Königreiche Sachsen, Hanover, Kurhessen, dem Großherzogthum Weimar, den sächs. Herzogthümern, von Braunschweig, Nassau, Oldenburg, den reußischen Fürsten, Hessen-Homburg, von Bremen, Frankfurt a. M., Schwarzburg-Rudolstadt der mitteldeutsche Handelsverein zu Kassel geschlossen. Die Mitglieder dieses nur auf Erleichterung von Handel und Verkehr gerichteten Vereins suchten diesen Zweck noch durch besondere Übereinkünfte unter sich zu erreichen, von denen der im März 1830 von Kurhessen, Hanover, Oldenburg und Braunschweig geschlossene eimbecker Separatvertrag diese Staaten zu eine wirklichen Zollvereine verschmolz, der bis 1841 dauern sollte. Allein Kurhessen erklärte 1831 plötzlich mit Umgehung seiner Vertragsverbindlichkeit seinen Beitritt zum preuß. Zollsysteme, wozu auch andere Vereinsmitglieder ihre spätere Geneigtheit zu erkennen gaben. Auch der süddeutsche Zollverein hatte schon 1829 mit dem preuß.-hessen-darmst. einen [810] Handelsvertrag geschlossen, und so führten denn endlich vielfache Unterhandlungen 1833 sur Vereinigung des süddeutschen und des bisherigen preuß. Zollverbandes und durch Beitritt mehrer anderer Staaten zur Gründung des großen deutschen Zollvereins, welcher am 1. Jan. 1834 ein Gebiet von mehr als 8000 ! M. mit etwa 22 Mill. Einw. einschloß. Dies wurde von den Königreichen Preußen, Sachsen, Baiern, Würtemberg, dem Kurfürstenthum und Großherzogthum Hessen, dem Großherzogthum Sachsen-Weimar, den sächs. und anhalt. Herzogthümern, den Fürstenthümern Reuß, Schwarzburg, Waldeck, Birkenfeld und Hohenzollern, der hanov. Grafschaft Hohenstein und dem Amte Elbingerode gebildet und für die ernestinischen sächs., die reuß. und schwarzburg. Länder mit Ausschluß ihrer von preuß. oder bair. Gebiet umgebenen Enclaven, aber mit Zuziehung der zwischen ihnen gelegenen preuß. und kurhess. Landestheile, wurde, als für die Lande des thüring. Zoll- und Handelsvereins, eine gemeinschaftliche Oberleitung ihres Zollwesens in Erfurt eingerichtet. Diesem auf die Zeit bis 1842 abgeschlossenen Vertrage traten. 1835 noch Baden und Nassau, 1836 Frankfurt a. M., 1837 Braunschweig für einige Gebietstheile bei. Hanover, Braunschweig, später Oldenburg schlossen dagegen 1835 einen besondern Zollverein, der 876 ! M. und 2 Mill. Einw. umfaßt, die lippeschen Fürstenthümer, die freien Städte Lübeck, Bremen und Hamburg sowie die Großherzogthümer Mecklenburg blieben aber beiden Vereinen fremd. Der deutsche Zollvereinsvertrag wurde 1841 auf 12 Jahre verlängert und man erwartet nächstens die Erweiterung seines Gebiets durch neuen Beitritt deutscher Länder. Die Länge seiner zu bewachenden Zollgrenzen beträgt nur 1064 M., während Preußen vorher allein 1073 M. Grenze zu schützen hatte, so daß der Aufwand in dieser Hinsicht sich sehr vermindert hat. Das Gebiet begreift 8260 ! M. mit 26 Mill. Einw., für welche nun völlige Freiheit des innern Verkehrs, der Industrie, ein ausgedehntes und zugleich nahes Feld für den Absatz ihrer Producte gewonnen ist. Auch hat der Verein schon mit dem Auslande, z.B. mit den Niederlanden bis 1841, dem osman. Reiche und mit Großbritannien, Handels- und Schiffahrtsverträge abgeschlossen. Als Grundsatz ist von allen Staaten das preuß. indirecte Steuerwesen und ein gemeinsames Zollgesetz angenommen worden. Ausnahmen von dem freien Verkehr im Innern sind Spielkarten und Salz, welche den besondern Bestimmungen jedes Staates unterliegen, sodann Gegenstände, welche nicht ohne Beeinträchtigung der von einem der verbundenen Staaten ertheilten Erfindungspatente und Privilegien eingeführt werden können. Für den Binnenverkehr mit Bier, geschrotenem Malz, Branntwein, Taback, Wein und Most finden Ausgleichungszölle so lange statt, als diese Gegenstände in den Vereinsstaaten nicht gleich besteuert sind. Diese Ausgleichungsabgaben und andere innere Steuern, sowie Wasserzölle, Chaussee-, Pflaster-, Brücken-, Fähr-, Kanal-, Wagegelder u. dgl., deren Höhe jedoch auch vertragsmäßig beschränkt ist, fließen in jedes Staates besondere Kassen und nicht in die gemeinsame, deren Einkünfte nach dem Maßstabe der Volksmenge unter die vereinten Staaten getheilt wird, von denen jeder die sein Gebiet treffenden Ausgaben im Interesse des Zollsystems selbst trägt. In Bezug auf die Rechte und Begünstigungen hinsichtlich der Schiffahrt, des Besuchs der Messen und Märkte stehen sich alle Unterthanen der Zollvereinsstaaten gleich. Von den über die Zollvereinsgrenze eingehenden Natur- und Kunstproducten soll in der Regel eine Ein- oder Durchfuhrabgabe, von ins Ausland gehenden Erzeugnissen der Vereinsländer blos als Ausnahme ein Ausgangszoll erhoben werden; die eine wie der andere sind überall im Zollgebiet gleich. Da die Beförderung inländischer Industrie mit bezweckt wird, sind rohe Stoffe zur Einfuhr entweder ganz frei oder nur mit einem kleinen Zolle belegt, der gegen Fabrikate verhältnißmäßig höher trifft. Aus gleichem Grunde sind Rohstoffe zur Ausfuhr höher besteuert, weil sie der inländischen Industrie entführt werden. Der höchste Durchfuhrzoll ist 1/2 Thlr. für den seit 1841 im Zollverein geltenden Zoll-Centner von 100 Pf., von Gegenständen aber, die zur Ein-oder Ausfuhr niedriger besteuert sind, wird nur dieser niedrigere Satz als Durchgangszoll erhoben. Die auf Übertretung der Zollgesetze (Zolldefraudation) gesetzte Strafe besteht im Verlust des zollpflichtigen Gegenstandes und Bezahlung des vierfachen Zollbetrages, der bei einem zweiten Zollvergehen zum achtfachen Betrage steigt und dann in verhältnißmäßiges, nicht über zweijähriges Gefängniß verwandelt wird. Wer zum dritten Mal auf Zolldefraudation ertappt wird, erhält zwei- bis fünfjährige Hast im Landesgefängnisse; auch kann bei erschwerenden Umständen schon die Strafe der ersten Hinterziehungen geschärft werden. Da es beim Zollwesen sehr auf genaue Angabe von Maß, Gewicht und Art der Waare und auf die Beobachtung der des Zollschutzes wegen vorgeschriebenen Formen ankommt, deren Vernachlässigung schon in den Verdacht beabsichtigter Schmuggelei bringt, so ist es Jedermanns Pflicht, der in diesem Geschäftskreise zu thun hat, sich sorgfältig mit den bestehenden Vorschriften und Gesetzen bekannt zu machen, um nicht durch Unkenntniß oder Vergeßlichkeit in Nachtheil zu kommen. Über die hohe Bedeutung des deutschen Zollvereins für die Beförderung deutscher Betriebsamkeit und die Belebung und Erleichterung des innern Verkehrs auch durch Vereinfachung von Maß, Gewicht und Münze, herrscht eben solche Einstimmigkeit, wie über die Vortheile, welche sich bei der fernern, angemessenen Entwickelung desselben für den deutschen Verkehr mit dem Auslande zunehmend herausstellen werden.
Adelung-1793: Zoll (2), der · Zoll-Tarif, der · Quadrat-Zoll, der · Zoll (1), der
Brockhaus-1911: Zoll [2] · Zoll- und Handelsbündnis · Thüringischer Zoll- und Steuerverein · Zoll
Herder-1854: Zoll [2] · Zoll [1]
Meyers-1905: Zoll- und Staatsmonopolsordnung · Zoll- und Steuerbeamte, Fachschulen für · Zoll- und Handelsbündnis · Zoll [1] · Zoll [2]
Pierer-1857: Zoll [1] · Zoll [2] · Stader Zoll · Zoll Engers
Buchempfehlung
Hume hielt diesen Text für die einzig adäquate Darstellung seiner theoretischen Philosophie.
122 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro