[396] Ceremoniel ist der Inbegriff derjenigen äußern Formen, welche durch Gesetz oder Sitte für gewisse feierliche Handlungen vorgeschrieben sind; betreffen dieselben aber die Religion, so nennt man das dabei übliche Ceremoniel gewöhnlich Ritus, auch Liturgie (s.d.). Bei weltlichen Handlungen ist das Ceremoniel oft weniger, oft mehr wesentlich und im gewöhnlichen Verkehr und Privatleben ist man in neuern Zeiten sehr von der frühern strengen Art und Weise desselben zurückgekommen. Dagegen ist die Beobachtung desselben im öffentlichen oder Staatsleben von größerer Bedeutung, weil gewisse Vorzüge und Ehrenrechte damit zusammenhängen, deren sich der Regent oder der Staat nicht immer ohne Nachtheil entschlagen kann. Man hat sich deshalb auch mit dem Staats- und Völkerceremoniel von jeher viel beschäftigt und gewisse Grundsätze dafür aufzustellen gesucht. Das innere Staatsceremoniel umfaßt nämlich diejenigen Vorschriften, welche in Bezug auf das äußere Betragen der Staatsangehörigen gegen ihren Regenten zu beobachten sind, das Völkerceremoniel aber, welches häufig eine Veranlassung zu Streitigkeiten, ja selbst zu blutigen Kriegen geworden ist, begreift die äußern Formen in sich, welche bei dem Verkehr zwischen den Regenten verschiedener Staaten oder zwischen ihren Repräsentanten zu beobachten sind. Es kommt dabei hauptsächlich auf den Rang der Staaten an, welche miteinander verhandeln, und man hat deshalb wiederholt eigne Rangordnungen entworfen, nach welchen die europäischen Mächte classificirt werden, worunter eine der bekanntesten die vom Papst Julius II. im J. 1504 bekannt gemachte ist, welche zur Vermeidung der Rangstreitigkeiten auf den Concilien gegeben wurde, heutiges Tages aber bei gänzlich veränderten Verhältnissen keine Anwendung mehr finden kann. – Ceremonienmeister hießen sonst eigne Hofbeamte, welche im Allgemeinen über Beobachtung des Ceremoniels zu wachen hatten, oder auch nur bei besondern Feierlichkeiten dazu beauftragt wurden, was jetzt überall das Amt des Hofmarschalls ist. – Ceremonientafel wird bei Hoffeierlichkeiten, z.B. bei Vermählungen fürstlicher Personen, die Tafel genannt, an der nur die fürstlichen Personen speisen und dabei von den Inhabern der hohen Hofämter persönlich bedient werden.