Christoph [2]

[427] Christoph, Herzog von Würtemberg, geb. 1515, einer der verdienstvollsten Fürsten des 16. Jahrh., war der einzige Sohn des unruhigen Herzogs Ulrich und hatte in seiner Jugend viel Ungemach zu bestehen. Kaum ein Jahr alt, wurde er von seiner Mutter, Sabine von Baiern, verlassen, und nachdem 1519 der schwäb. Bund seinen Vater vertrieben, und Östreich dessen Lande in Besitz genommen hatte, nach Wien gebracht. Ohne seinen treuen Erzieher Tyfferni wäre er hier 1529 während der Belagerung Wiens durch die Türken in türk. Gefangenschaft gerathen, und als ihn Karl V. 1532 seine Ansprüche auf Würtemberg in einem span. Kloster vergessen machen wollte, rettete ihn derselbe Tyfferni mühevoll zu seinem mütterlichen Oheim, dem Herzog von Baiern. Obgleich nun 1534 mit Hülfe mehrer deutscher Fürsten Ulrich sein Land wieder erhielt, wurde C. doch durch die empörende Härte, mit der ihn sein Vater behandelte, bald in franz. Dienste getrieben, die er erst nach acht Jahren verließ, um sich mit Anna Maria von Anspach zu vermählen. Ulrich's Theilnahme am schmalkald. Kriege veranlaßte Karl V., erneuerte Ansprüche auf Würtemberg zu machen, und C. mußte nach seines Vaters 1550 erfolgtem Tode Mühe und Geld aufwenden, um in den ungestörten Besitz des Landes zu gelangen. Durch diese vielen Widerwärtigkeiten hatte aber C. einen Schatz von Erfahrungen gesammelt, und die weise Benutzung derselben machte seine Regierung zu einer der segensreichsten, deren Andenken noch heute in Ehren gehalten wird. Die Reformation ward durch ihn in Würtemberg vollendet, das von ihm auch eine Kirchenordnung, ein Landrecht, Bau- und Forstgesetz erhielt; er hob Gewerbe und Handel, stiftete viele zweckmäßige Anstalten zur Bildung der Lehrer und Prediger und für die Erziehung der Jugend, und dehnte wohlmeinend die sogenannten tübinger Freiheiten, die Grundlage der Verfassung des ehemaligen Herzogthums, auf alle Würtemberger aus. Allein auch nach außen erstreckte sich seine rastlose Thätigkeit, und er verwendete sich für die Hugenotten in Frankreich, [427] war 1555 beim Religionsfrieden zu Augsburg thätig, veranstaltete die zur Befestigung der augsburg. Confession von den protestantischen Fürsten 1560 in Naumburg gehaltene Versammlung, und das gesammte Reich bewies ihm sein Vertrauen, indem er mit zur Visitation des in Unordnung gerathenen Kammergerichts zu Speier gewählt und zum Mitglied der feierlichen Gesandtschaft ausersehen wurde, welche mit Frankreich wegen Rückgabe der von Deutschland abgerissenen lothring. Bisthümer unterhandeln sollte. Sogar unter die Serbier und Slavonier ließ C. in Tübingen und Urach veranstaltete neue Bibelübersetzungen verbreiten und starb 1568 aufrichtig beweint von seinen Unterthanen und im Auslande geehrt als einer der weisesten Fürsten seiner Zeit.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 427-428.
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