[435] Civilrecht oder bürgerliches Recht (auch wol Privatrecht im engern Sinne genannt) ist nach seiner heutigen Bedeutung der Inbegriff derjenigen Grundsätze, welche bei den Rechtsverhältnissen der Privatpersonen unter sich, ohne Voraussetzung eines für die Aufrechterhaltung derselben nöthigen öffentlichen Schutzes zur Anwendung kommen. Dieses bürgerliche, gewöhnlich dem peinlichen entgegengesetzte Recht besteht nach einer alten, von den Römern entlehnten, aber auch in der Natur der Sache gegründeten Eintheilung aus dem Personenrecht, dem Sachenrecht und dem Obligationenrecht. Ersteres umfaßt die Lehre von den verschiedenen, durch Natur oder Leben im Staatsverbande gebildeten Classen von Menschen, namentlich aber die Lehre von der Familienverbindung, deren gesetzlicher Form und rechtlicher Wirkung im Verhältniß der Personen zueinander. Das Sachenrecht beschäftigt sich vorzugsweise mit dem [435] Mein und Dein der Bürger, daher man es auch als die Lehre vom Eigenthum und dessen Erwerbung erklärt, obgleich es von einigen häufig damit verbundenen Lehren, z.B. der vom Besitz und vom Erbrecht, als zweifelhaft betrachtet werden kann, ob sie der Strenge nach dahin gehören. Außer den erwähnten, ihrer Bestimmung nach bleibenden Rechtsverhältnissen der Personen und Sachen kommen in der bürgerlichen Gesellschaft viele blos vorübergehende Verbindungen der Personen, entweder in Beziehung auf gewisse Handlungen, welche die eine der andern leisten soll, oder auf den zu gestattenden Gebrauch der Sachen vor. Sie machen den Gegenstand des Obligationenrechts aus, denn eine obligatio ist nichts Anderes als die rechtliche Verpflichtung einer Privatperson gegen eine andere zu gewissen Unterlassungen oder Leistungen. Auch wird der Ausdruck Civilrecht vorzugsweise vom röm. Rechte (s.d.) gebraucht, insofern es uns durch das Corpus juris civilis überliefert ist und dann dem Kirchen-, Lehn- und deutschen Rechte (s.d.) entgegengesetzt.