Clavier

[438] Clavier heißt ein musikalisches, mit Clavis oder Tasten, zusammen die Claviatur oder Tastatur genannt, versehenes und mit Drahtseilen bezogenes Instrument, welche durch unmittelbares Anschlagen von hinten an den durch die Finger in Bewegung gesetzten Tasten befestigten, kleinen länglichen Blechstückchen zum Tönen gebracht werden. Die Bauart dieses Instruments, dessen Erfindung dem in der ersten Hälfte des 11. Jahrh. in Italien verstorbenen Benedictinerable Guido von Arezzo zugeschrieben wird, ist in neuester Zeit sehr verbessert und der Umfang desselben auf fünf Octaven erweitert worden, allein das im vorigen Jahrh. erfundene Fortepiano oder Pianoforte hat es durch seinen vollern und mannichfaltigern Ton dennoch fast ganz verdrängt. Letzteres ist ebenfalls ein Tasteninstrument, allein der Ton wird auf demselben durch mit Leder belegte.

Hämmer hervorgebracht, welche an die Saiten geschnellt werden. Die Verfertigung desselben wurde lange Zeit in Wien mit besonderer Vollkommenheit betrieben, was jedoch jetzt auch an mehren andern Orten der Fall ist. Auch der Flügel, ein Tasteninstrument von spitzig zulaufender Form, welcher sich von den vorigen vorzüglich dadurch unterscheidet, daß die Saiten mit Rabenfederkielen geschnellt oder gerissen werden, und der auch den für das Clavier ebenfalls üblichen Namen Clavicembalo erhält, ist durch das Fortepiano in Vergessenheit gekommen, von dem die gewöhnlichsten Tafel- und Flügelform besitzen; außerdem hat man welche in Bureau- und andern aufrechten Formen, von denen eine auch Giraffe, von ihrer Ähnlichkeit mit diesem Thiere, genannt wird. – Unter Clavierspielen versteht man die fast gleiche Behandlung aller dieser Instrumente, und von den vielen Anweisungen dazu zeichnen sich unter den ältern die Werke von Joh. Sebastian Bach (s.d.) und seinem Sohne Karl Philipp Emanuel, unter den neuern die Pianoforteschulen von Hummel und Kalkbrenner vorzüglich aus; ein neues System der Unterweisung darin wurde zuletzt von Joh. Bernh. Logier (s.d.) begründet. – Clavierauszug heißt die Übertragung eines ursprünglich für das Orchester oder überhaupt für mehre Stimmen gesetzten Tonstücks, z.B. einer Oper, eines Marsches, in Noten, welche auf dem Claviere oder Pianoforte vorgetragen werden können.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 438.
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