Eulenspiegel

Eulenspiegel

[703] Eulenspiegel (Tyll), der allbekannte Held des nach ihm benannten und Jahrhunderte in Deutschland, Holland, Frankreich, Italien beliebten, auch ins Polnische übersetzten Volksbuches, lebte in der ersten Hälfte des 14. Jahrh. und ist hier nach einem alten holländ. Kupferstiche dargestellt.

Als sein Geburtsort wird theils das wolfenbüttelsche Dorf Kneitlingen unweit Schöppenstädt, theils das lauenburgische Dorf Pampau angegeben, gestorben aber ist E. 1350 zu Mölln, vier M. von Lübeck, wo sein Grabstein mit einer Eule und einem Spiegel noch zu sehen ist und früher die Inschrift gehabt haben soll:


Diesen Stein soll Niemand erhaben,

Hie steht Eulenspiegel aufrecht begraben.


E. durchwanderte Niedersachsen, Westfalen, Polen und Italien, führte überall Schwänke und muthwillige närrische Streiche aus und hatte stets die Lacher auf seiner Seite. Es scheint ihm mit nichts im Leben Ernst gewesen zu sein, als mit der Kurzweil und selbst auf dem Sterbebette hatte er seinen Beichtiger zum Besten. Sein Andenken lebt noch immer unter dem Volke, sein Name dient sprüchwörtlich zur Bezeichnung muthwilliger Streiche, und das Buch, in dem seine Abenteuer verzeichnet sind, ist unzählige Mal gedruckt, auch mehrfach nachgeahmt und in die meisten europ. Sprachen übersetzt worden. Freilich enthält es Vieles, was uns mehr als derb, ja unanständig erscheint; allein damit nahm man es in der Zeit seiner Entstehung nicht so genau. Schon zu Ende des 15. Jahrh. wird desselben gedacht und wahrscheinlich ist es zuerst in plattdeutscher Sprache verfaßt worden; für den Übersetzer desselben ins Oberdeutsche wird der durch mehre satirische Schriften, auch als ein Gegner Luther's bekannte Franziskaner Thomas Murner, Doctor der Theologie und der Rechte, gehalten, als die älteste gedruckte Ausgabe aber gilt eine oberdeutsche, die zu Strasburg (1519, 4.) erschien.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 703.
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