Janus

Janus

[485] Janus hieß eine noch von den Römern verehrte, aber ursprünglich hetrurische und den Griechen unbekannte Gottheit, welche früher mit vier, nachher mit zwei Gesichtern, nämlich einem jugendlichen und einem ältlichen und mit einem Herrscherstabe abgebildet wurde, und dem man die Bewachung der Pforten (lat. januae) und die Übergänge aus einem Zeitabschnitte zum andern in Schutz empfahl.

In der letztern Beziehung waren ihm daher die Anfänge der Jahre (s. Januar) und der Tage geheiligt und wurde seine Doppelbildung allegorisch gedeutet, als des Gottes, der in Vergangenheit und Zukunft schaue. Als Thürhüter öffnete und schloß I. auch die Pforten des Himmels. Mit den Zeiten beherrschte I. auch die Geschicke der Menschen, insbesondere Krieg und Frieden. Romulus soll dem I. einen Tempel zu Rom erbaut und sein Nachfolger, Numa Pompilius, festgesetzt haben, daß der Tempel geschlossen werden solle, so oft im ganzen Reiche Friede wäre. So viele Kriege führten die streitlustigen Römer, daß in sieben Jahrhunderten der Tempel des I. nur drei Mal geschlossen werden konnte, nämlich unter Numa Pompilius, nach dem ersten punischen Kriege und unter dem Kaiser Augustus. Sagen erzählten, I. sei ein alter König der Lateiner gewesen, welcher seinen [485] Unterthanen den Ackerbau und die Verehrung der Götter gelehrt, auch Gesetze eingeführt habe, und bei ihm habe der von seinen Kindern vertriebene Saturn (s.d.) gastliche Aufnahme gefunden. I. und Saturn regierten gemeinschaftlich, und noch in späten Zeiten rühmten die Völker Latiums die Zeit, in welcher jene geherrscht haben sollten, als das goldene Zeitalter. Einer der sieben Hügel, auf welchem Rom lag, der Janiculus, soll nach I. benannt worden sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 485-486.
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