[593] Kepler (Joh.), einer der tiefsinnigsten, gelehrtesten und um die Wissenschaft verdientesten Astronomen, war der Sohn eines armen Gastwirths und wurde zu Magstadt, einem kleinen Dorfe bei Weil im Würtembergischen 1571 geboren. Die Erziehung und der Unterricht, welchen er in seiner Jugend genoß, waren sehr unvollkommen. Nachdem er sich auf der Klosterschule zu Maulbronn vorbereitet hatte, ging er auf die Universität zu Tübingen, um sich dem Studium der Theologie zu widmen. Indeß beschäftigte er sich aus Vorliebe mit Mathematik, und noch ehe er es in dieser Wissenschaft zu bedeutenden Fortschritten gebracht hatte, erhielt er 1593 eine Anstellung als Professor der Mathematik zu Grätz. Von nun an ergab er sich mit dem größten Eifer mathematischen und namentlich astronomischen Studien. Durch seine Schrift, in welcher er das Kopernicänische Weltsystem vertheidigte, und durch Briefe lernte K. den berühmten Astronomen Tycho de Brahe kennen, und als dieser 1599 nach Prag kam, begab sich K. eben dahin, um des großen Ge. lehrten Umgang zu seiner eignen Ausbildung zu benutzen. Tycho bewirkte, daß K. als kaiserl. Mathematiker angestellt wurde. Der geringe Gehalt, welchen er als solcher erhalten sollte, wurde ihm in Folge der Bedrängnisse des dreißigjährigen Krieges nicht ausgezahlt, und in tiefer Armuth brachte daher K. zehn Jahre in Prag zu. Wenig besser stand er sich hierauf als Professor der Mathematik in Linz, und nachdem abermals 15 Jahre des Elends an ihm vorübergegangen waren, ging er endlich nach Ulm zu einem Privatmanne, bei welchem er drei Jahre zubrachte und darauf in des berühmten Wallenstein Dienste trat. Wallenstein hing noch an dem in seiner Zeit vielverbreiteten Aberglauben an Astrologie und mochte daher mit K., der durch seine wissenschaftliche Bildung über abergläubische Vorstellungen erhoben wurde, nicht eben zufrieden sein. Er machte ihn zum Professor an der Universität Rostock. Auch hier wurde ihm der versprochene Gehalt nicht ausgezahlt, und K. ging daher im nächsten Jahre nach Regensburg, um wo möglich bei dem hier versammelten Reichstage die Auszahlung der ihm noch rückständigen Gelder zu erbitten. Niedergedrückt von seinem harten Schicksale, erkrankt durch die Beschwerden der Reise, starb er jedoch bald nach seiner Ankunft zu Regensburg 1631. K. hat mehre höchst geistvolle, jetzt selten gewordene Schriften herausgegeben, unter denen die »Astronomia nova« (Neue Astronomie, Prag 1609) den ersten Rang einnimmt. Auf Betrieb des Fürsten Dalberg ist dem größten Astronomen der Deutschen und vielleicht aller Völker 1808 zu Regensburg ein Denkmal errichtet worden.
Newton hat die Entdeckungen K.'s benutzt, um diejenigen Lehren aufzustellen, auf denen die ganze wissenschaftliche Astronomie, namentlich die Lehre von den Bewegungen der Weltkörper beruht. Indem K. die langjährigen und genauen Beobachtungen Tycho's einer ebenso schwierigen und langwierigen, als scharfsinnigen Berechnung unterwarf, kam er zu den berühmten Kepler'schen Gesetzen. Diese sind: 1) Die Planeten bewegen sich nicht in Kreisen, wie Kopernicus annahm, sondern in Ellipsen, in deren einem Brennpunkte die Sonne sich befindet. (Vgl. Ellipse.) 2) Wenn man sich von der Sonne nach dem bewegten Planeten eine gerade Linie gezogen denkt, so ist die Bewegung des Planeten von der Art, daß jene Linie in der Ebene der Planetenbahn in gleichen Zeiten stets gleiche Stücke (in Bezug auf den Flächeninhalt derselben) zurücklegt. 3) Die Quadratzahlen der Umlaufzeiten der Planeten verhalten sich wie die Cubikzahlen der mittlern Entfernungen der Planeten von der Sonne. Nach diesem dritten Gesetze kann man aus den Umlaufszeiten der Planeten (die man durch Beobachtung findet), die mittlern Entfernungen derselben von der Sonne sehr leicht finden, wenn man nur die Entfernung Eines Planeten von der Sonne kennt.