[635] Koloss bezeichnete bei den Griechen jede Art von Bildsäule, später aber hat man vorzugsweise nur diejenigen Bildsäulen mit diesem Worte bezeichnet, welche über das natürliche Maß der von ihnen dargestellten Gestalten hinausgehen.
So war im Alterthum als eines der sieben Weltwunder berühmt der Koloß von Rhodus. Dieser war eine dem Sonnengotte zu Ehren errichtete eherne Bildsäule, welche 70 Ellen hoch war, am Eingange des Hafens der [635] genannten Insel stand und als Leuchtthurm benutzt wurde. Ein Erdbeben stürzte sie um, nachdem sie etwas über ein halbes Jahrhundert gestanden hatte; das Orakel verbot den Wiederaufbau, wahrscheinlich weil man den Umsturz derselben den Göttern zuschrieb, welche nicht wollen, daß der Mensch solche übermüthige Werke errichte, und so lag das Erz mehre hundert Jahre, bis es der Khalif Osman 654 v. Chr. einem Juden verkaufte, der, um es fortzuschaffen, noch 980 Kameele nöthig gehabt haben soll. – Kolossen werden vorzugsweise zwei umstehend abgebildete 18 F. hohe Statuen mit springenden Rossen genannt, welche Darstellungen der Dioskuren (s. Kastor und Pollux) sind und vor dem päpstlichen Palaste auf dem Monte Cavallo zu Rom stehen. Zwischen ihnen erhebt sich ein ägypt. Obelisk von Granit, welchen Papst Pius VI. aufrichten ließ, und vor ihm steht ein schöner Springbrunnen. Die Kolossen sollen Werke der berühmten griech. Bildhauer Phidias und Praxiteles sein, welches jedoch unwahrscheinlich ist. Mit Unrecht hat man sie früher für Darstellungen des den Bucephalus bändigenden Alexander gehalten.