Minister

[149] Minister ist ein lat. Ausdruck, der überhaupt einen Diener bedeutet, jetzt aber vorzugsweise von den obersten Staatsdienern gebraucht wird, welche dem Oberhaupte eines Staats berathend zur Seite stehen, dessen Beschlüsse einholen und die Zufertigung derselben an die untergeordneten Behörden besorgen. Sie werden auch bestimmter Staatsminister, sowie in manchen Staaten Minister-Staatssecretaire und wirkliche Geheimräthe genannt, und gewöhnlich steht jeder einem besondern Zweige der Staatsverwaltung vor, wenn nicht besondere Umstände oder der geringe Umfang eines Landes die Vereinigung mehrer unter einem Minister nothwendig und möglich machen. Der Geschäftskreis, die unmittelbar unter der Leitung eines Ministers arbeitenden Beamten, welche meist in Bureaus und Sectionen für besondere Fächer der Verwaltung abgetheilt sind, sowie endlich das Amt und die Dauer der Verwaltung eines Ministers, werden im Allgemeinen Ministerium genannt; für den ersten ist auch der Ausdruck Ministerialdepartement üblich. Die Zahl und Abtheilung der verschiedenen Verwaltungszweige weicht sehr ab; in größern Staaten aber gibt es gewöhnlich Ministerien und Minister der innern Angelegenheiten oder des Innern, der auswärtigen Angelegenheiten (welche die Beziehungen mit fremden Staaten leiten), der Justiz, der Finanzen, des Cultus oder der geistlichen Angelegenheiten (womit oft das Ministerium des Unterrichts verbunden wird), des Kriegs (bei Seemächten noch der Marine), sowie des Handels, der Policei und des Hauses (dem die Leitung der Privatangelegenheiten des regierenden Hauses anvertraut ist). In manchen, besonders nicht constitutionnellen Staaten, gibt es auch Cabinetsminister (s. Cabinet) und endlich noch Conferenzminister, welche keinem Ministerium vorstehen und nur zu Berathungen mit dem Regenten zugezogen werden. Die Versammlungen der Minister eines Landes zu gemeinschaftlichen Berathungen über Staatsangelegenheiten heißen Ministerrath oder Conseil und finden unter dem Vorsitze des Staatsoberhaupts oder eines sogenannten Ministerpräsidenten, ersten oder Premierministers statt. Die Wahl und Entlassung der Minister steht in allen monarchischen Staaten dem Souverain frei, weil sein persönliches Vertrauen dabei ins [149] Spiel kommt, und auch in denen mit ständischen Verfassungen ist diese Freiheit anerkannt. nur ergibt sich hier von selbst, daß blos Männer dazu gewählt und beibehalten werden können, welche auch das öffentliche Vertrauen und dadurch die Mehrheit in den Ständeversammlungen besitzen, da sie im andern Falle für die Dauer keine ersprießlichen Dienste zu leisten vermöchten. Nicht blos in constitutionnellen Staaten, sondern auch in unumschränkten Reichen gilt der Grundsatz, daß ein Minister die Verantwortlichkeit für das unter seiner Amtsführung Geschehene trägt, indem bei dem immer als rein und rechtsgemäß angenommenen Willen des stets unverantwortlichen Fürsten rechtlich vorausgesetzt wird, der Minister werde gegen etwa nicht zu rechtfertigende Maßregeln dringende Vorstellungen machen und eher seinem Amte entsagen, als seine Hand zur Ausführung herleihen. Genauere Bestimmungen über diese Verantwortlichkeit hat neuerdings vorzüglich das constitutionnelle Staatsrecht aufzustellen versucht. – Ministerialpartei und die Ministeriellen werden in Ländern mit volksvertretenden Verfassungen diejenigen Mitglieder des Parlaments und der Kammern genannt, welche die Ansichten der jeweiligen Minister billigen, sie daher bei den Verhandlungen vertheidigen und ihre Stimmen für dieselben abgeben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 149-150.
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