Provociren

[591] Provociren heißt so viel wie herausfodern, auffodern. Als Kunstausdruck wird dieses Wort namentlich bei den Ablösungen der Reallasten gebraucht, wo man von einem Rechte zu provociren oder Provocationsrechte spricht, welches darin besteht, auf Ablösung antragen zu können, dann aber auch in der Lehre vom Proceßverfahren, worin eine besondere Gattung von Procedur unter dem Namen Provocationsproceß vorkommt. Da nämlich Sicherung der Rechte seiner Angehörigen Hauptzweck des Staats ist, so kann der Staatsbürger nicht blos bei bereits gestörten Rechtsverhältnissen, sondern auch in solchen Fällen geschützt zu werden verlangen, wo ihm der ruhige Besitz seiner Rechte durch Ansprüche, welche ein Dritter gegen ihn zu haben vorgibt, verkümmert wird, oder wo er fürchtet, daß ihn späterhin die Mittel zu seiner Vertheidigung fehlen möchten. Der Staat gewährt in beiden Fällen diesen Schutz und zwar durch den Provocationsproceß, welchen man in die provocatio ex lege diffamari (s. Diffamation) und ex lege si contendat eintheilt. Die letztere oder die Auffoderung zur Aufrechterhaltung von Einreden wird durch eine Eingabe bei Gericht eingeleitet, worin das Geschäft darzulegen ist, aus welchem die Einreden zustehen, darauf das Zaudern des Gläubigers mit Anstellung der Klage und die Gefahr, daß die derselben entgegenstehenden Einreden dadurch verloren gehen könnten, ausgeführt und endlich gebeten wird, dem Provocaten (so heißt der zu Klagen Aufgefoderte, während sein Gegner Provocant genannt wird) schleunige Anstellung seiner Klage aufzugeben und zwar unter der Verwarnung, daß widrigenfalls die Einreden für immerwährende erklärt werden würden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 591.
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