Raupach

[631] Raupach (Ernst Benj. Sal.), Hofrath, der beliebteste und fruchtbarste unter den deutschen lebenden Bühnendichtern, wurde 1784 zu Straupitz bei Liegnitz in Schlesien geboren, wo sein Vater Pfarrer war. Auch R. studirte nach in Liegnitz genossener Schulbildung in Halle Theologie und wendete sich dann nach Rußland, wo sein älterer Bruder schon mehre Jahre in Petersburg lebte. Nachdem er hier zehn Jahre als Erzieher in Familien gewirkt hatte, erhielt er 1816 eine Anstellung als Professor der deutschen Literatur und Geschichte an der petersburger Universität, wurde kais. Hofrath, verließ aber 1822 Rußland wegen einer Untersuchung, in welche er mit einigen andern Universitätslehrern verwickelt wurde und erhielt später die gefoderte Entlassung. R. verweilte hierauf in Deutschland und nahm nach der Rückkehr von einer Reise nach Italien, welche ihn zu seinen humoristischen »Briefen Hirsemenzel's aus Italien« (Lpz. 1823) veranlaßte, seinen bleibenden Wohnort in Berlin, wo er in vortheilhafte Beziehungen zum königl. Theater trat, seitdem ausschließend für die Bühne gearbeitet und seit 1810 an bisher gedruckten und noch ungedruckten Stücken Trauerspiele, ernste Dramen, Lustspiele und Possen in bunter Folge gegen 70 geliefert hat. Zu den vorzüglichsten der ernsten Gattung gehören »Die Fürsten Chawansky« (1818), »Die Erdennacht« (1820), »Die Gefesselten« (1821), »Isidor und Olga« (1826), mehre dramatische Gemälde aus der die Geschichte der Hohenstaufen umschließenden Reihe; von seinen zahlreichen Lustspielen und Possen sind »Kritik und Antikritik«, »Die Schleichhändler«, »Das Sonett«, »Der Wechsler«, »Schelle im Monde«, »Denk' an Cäsar« auszuzeichnen, welche fast sämmtlich auch im Druck erschienen sind. Diese und andere Arbeiten sprechen hinreichend für die Gewandtheit des Dichters in Hinsicht der Sprache und Benutzung der theatralischen Mittel, für sein richtiges Urtheil in der Auswahl der Stoffe zu seinen Stücken, seine vielseitige und oft glückliche Erfindungsgabe und seinen nicht selten treffenden Witz, was die große Theilnahme des Publicums an seinen Werken rechtfertigt, deren manche auch sehr mislungen, viele flüchtig gearbeitet sind und denen sogar im Ganzen genommen der poetische Gehalt und die Tiefe der Auffassung abgeht, ohne welche sie keine Ansprüche haben, den Werken unserer ersten Dichter an die Seite gesetzt zu werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 631.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: