Retorsion

[679] Retorsion wird nach dem Lateinischen die Erwiderung nachtheiliger Anordnungen eines andern Staates von Seiten dessen genannt, welchem die davon betroffenen Personen angehören. Retorsionsmaßregeln sind daher etwas [679] Ähnliches wie Repressalien (s.d.), nur pflegt den letztern im Allgemeinen ein gewaltsamerer, härterer und feindseligerer Charakter eigen zu sein, während jene auch gegen an sich völlig gesetzliche Maßregeln und zwischen einander sonst befreundeten Staaten angewendet werden. Unterwirft z.B. ein Staat die Ausländer bei der Verfolgung ihrer Rechtsansprüche vor seinen Gerichtshöfen besonders lästigen Bedingungen, so können seine Unterthanen dafür im Auslande eben solchen Belästigungen und sogar ausnahmsweise vor andern Fremden unterworfen werden. Desgleichen sind die von einem Staate ergangenen Ein- und Ausfuhrverbote und die auf seinem Gebiete verlangten hohen Zölle oft Ursache geworden, daß in Bezug auf seine Erzeugnisse von andern retorsionsweise ähnliche Anordnungen getroffen wurden. Es versteht sich von selbst, daß Retorsionen nur von der höchsten Behörde im Staate angeordnet werden können und daher unter Privatpersonen als unerlaubte Selbsthülfe zu betrachten sind. Indeß kann Jemand, welcher einem Andern eine Injurie zufügt, sich nicht beschweren, wenn dieselbe von gleicher Art und Größe auf der Stelle erwiedert wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 679-680.
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