[411] Thermomēter oder Wärmemesser nennt man das bekannte Instrument, dessen man sich bedient, um die Temperatur oder den fühlbaren Wärmegrad zu bestimmen.
Der Thermometer beruht auf dem Erfahrungssatze, daß die Körper durch die freie oder fühlbare Wärme ausgedehnt werden, und zwar im Allgemeinen so, daß die Ausdehnung in gleichem Verhältniß mit der Wärme zu- und abnimmt. Hiernach könnte man sich jedes beliebigen Körpers als Thermometers bedienen, wenn man seine Ausdehnung bei verschiedenen Wärmegraden beobachtet. Man hat jedoch die Erfahrung gemacht, daß einige Körper stärker von der Wärme ausgedehnt werden, andere schwächer. Offenbar wird nur ein solcher Körper zum Thermometer tauglich sein, dessen Ausdehnung durch die Wärme sehr merklich ist, oder der für die Wärme empfindlich ist. Ferner werden die meisten Körper bekanntlich durch die Wärme auch in ihrem Aggregationszustande verändert, d.h. sie sind in niedern Temperaturgraden fest, in höhern tropfbarflüssig und in noch höhern luftförmig. Diese Aggregationsveränderungen erfolgen unter Verschluckung oder Ausscheidung von Wärme, und die Körper erleiden diese Veränderungen unter sehr verschiedenen Temperaturgraden. Man wird daher zum Thermometer einen Körper wählen müssen, für welchen die Temperaturgrade, bei denen er eine Aggregationsveränderung erleidet, möglichst weit auseinander liegen, denn nur innerhalb dieser Grade ist er überhaupt zum Messen der Temperatur brauchbar. In letzter Beziehung scheinen sich besonders die sogenannten [411] permanenten Gasarten zu Thermometern zu empfehlen, weil diese die Eigenheit haben, in keiner uns bekannten Temperatur ihren Aggregationszustand zu verändern. Wirklich waren auch die ältesten Thermometer Luftthermometer. Später hat man die Weingeistthermometer und namentlich die Quecksilberthermometer vorgezogen. Wie nämlich die festen Körper sich zu wenig durch die Wärme ausdehnen, so dehnen sich die luftförmigen zu stark aus und nur die tropfbarflüssigen halten das Mittel, welches sie am geeignetsten für die Beobachtung macht. Die Eigenschaften, durch welche sich das Quecksilber empfiehlt, sind folgende: Es hält unter den tropfbarflüssigen Körpern, mit Ausnahme einiger Öle, die höchsten Wärmegrade aus, ohne sich in Dampf umzuwandeln; es hält ebenso unter allen tropfbaren Flüssigkeiten, mit Ausnahme einiger spirituösen Flüssigkeiten, die niedrigsten Kältegrade aus, ohne fest zu werden (zu gefrieren); seine Ausdehnung innerhalb der am häufigsten zur Beobachtung kommenden Temperaturen ist dem Wärmegrade genau proportional und regelmäßig; es ist empfindlicher für die Wärme als irgend eine andere Flüssigkeit, und es behält seine Empfindlichkeit unverändert bei.
Der Erfinder des Thermometers ist nicht bekannt, man nennt unter Andern Cornelius Drebbel aus Alkmaar in Holland und Santo Santorio zu Padua. Der älteste Thermometer bestand aus einer Glasröhre mit einem aufwärts gekehrten Kolben, der untere Theil der Röhre war zum Theil mit einer gefärbten Flüssigkeit gefüllt und in eine kugelförmige, auch zum Theil mit derselben Flüssigkeit gefüllte Flasche gesenkt, sodaß der Theil der Luft, welcher in dem Kolben und in dem obern Theil der Röhre eingeschlossen war, durch seine größere oder geringere Ausdehnung zur Bestimmung der Temperatur diente. Dieses Instrument litt namentlich an dem mangelhaften Umstande, daß der Druck der Luft neben der Temperatur auf den Umfang der Luft wirkte, oder, was Dasselbe, daß das Instrument zugleich eine Art Barometer (s.d.) war. Réaumur stellte später Weingeistthermometer her, und Fahrenheit soll zuerst des Quecksilbers zur Herstellung von Thermometern sich bedient haben. Jetzt bereitet man die Thermometer in folgender Weise. An eine Glasröhre wird an dem einen Ende eine Kugel geblasen; dann füllt man durch das offene Ende eine Quantität Quecksilber und erhitzt darauf die Röhre sammt dem Quecksilber über einer Spirituslampe oder einem Kohlenfeuer, wodurch nicht allein alle Luft und Feuchtigkeit aus der Röhre und dem Quecksilber vertrieben wird, sondern überdies das Quecksilber in der Röhre bis zum Überlaufen in die Höhe steigt. Sowie dies erfolgt, schmilzt man schnell das offene Ende der Röhre zu, und man hat durch dieses Verfahren ein lustleeres Instrument erhalten, bei welchem der Einfluß des atmosphärischen Drucks ganz ausgeschlossen ist. Dieses und jedes andere Thermometer wäre immer noch ein sehr unvollkommenes Instrument zur Wärmemessung, wenn man nicht mit demselben ein bestimmtes Maß in Verbindung setzen könnte. Dieses geschieht durch die Scala. Nach Verwerfung mehrer andern Vorschläge hat man allgemein zwei bestimmte Temperaturgrade angenommen, deren entsprechende Thermometerstände man als die Punkte (Fundamentalpunkte) annimmt, nach welchen die Scala hergestellt wird; die Entfernung dieser Punkte heißt der Fundamentalabstand. Der eine ist derjenige, welcher der Temperatur des Übergangs des Wassers aus dem festen Zustande in den tropfbarflüssigen entspricht. Er heißt der Gefrierpunkt, weil, wenn die Lufttemperatur bis zu ihm herabgesunken, das Wasser im Freien zu gefrieren an, fängt, oder der Thau punkt, weil, wenn die Temperatur im Winter bis zu ihm gestiegen ist, Eis und Schnee aufzuthauen beginnen. Der zweite Fundamentalpunkt entspricht der Temperatur, bei welcher das Wasser aus dem tropfbarflüssigen Zustande in den luftförmigen übergeht, bei welcher es siedet. Er wird daher der Siedepunkt genannt. Hat man nun das Thermometer, so weit wie oben beschrieben, hergestellt, so taucht man es in eine Mischung von Eis und Wasser, in welcher das Eis im Schmelzen begriffen ist. Nachdem das Quecksilber in der Röhre eine bleibende Stellung eingenommen hat, bezeichnet man den Punkt, bis zu welchem es gesunken, und hat so den Gefrierpunkt des Thermometers. Hierauf bringt man das Instrument in siedendes Wasser, wartet ab, bis das Quecksilber aufgehört hat, zu steigen und bezeichnet nun den Siedepunkt. Die weitere Eintheilung der Scala geschieht auf verschiedene Weise und nach verschiedenen Principien. Am besten zur genauen Beobachtung ist es, die Scala gleich auf der Glasröhre einzuzeichnen (mit Hülfe eines Diamants), da indeß hierdurch die Röhre an Haltbarkeit verliert, so pflegt man die Scala gewöhnlich auf ein Papier oder auf eine Holz- oder Messingfassung zu tragen, mit welcher man das Instrument versieht. Die Eintheilung der Scala geschieht nach Réaumur in 80 gleiche Theile des Fundamentalabstandes, und so, daß man über dem Siedepunkt und unter dem Gefrierpunkt nach denselben Abständen, wie innerhalb des Fundamentalabstandes, Theilungslinien verzeichnet. Jeder dieser gleichen Theile heißt ein Grad, und man zählt diese Grade vom Gefrierpunkte aus, welchen man mit 0 bezeichnet; die Grade über 0 werden dann mit + (plus), die Grade unter 0 mit – (minus) bezeichnet. Weil der Gefrierpunkt mit dem Zeichen 0 bezeichnet wird, so nennt man ihn auch den Nullpunkt, und die + Grade werden auch Wärmegrade, die – Grade auch Kältegrade genannt. Bei einer Thermometerangabe nach der oben angegebenen Eintheilung setzt man den Buchstaben R, welcher Réaumur bedeutet. Ganz ebenso wie die angegebene Eintheilung ist auch die nach Celsius (welche besonders in Frankreich üblich ist), nur daß bei derselben der Fundamentalabstand in 100 Grade getheilt wird. Eine Thermometerangabe nach der Celsius'schen Scala wird mit dem Buchstaben C bezeichnet. Fahrenheit theilte den Fundamentalabstand in 180 Grade, setzte die Eintheilung auch gleichmäßig über die Fundamentalpunkte fort, und bezeichnete den Gefrierpunkt mit 32, den Siedepunkt also mit 212. Er zählte also nicht von dem Gefrierpunkte aus, sondern von einem 32 Grade tiefer liegenden Punkte, um (weil noch tiefere Grade selten zur Beobachtung kommen) die – Grade ganz umzugehen. Die Fahrenheit'sche Scala ist besonders in England und Nordamerika in Gebrauch; die Angaben nach derselben bezeichnet man mit dem Buchstaben F. Endlich ist in Rußland noch zuweilen die Scala von Delisle in Gebrauch, deren Angaben mit D oder F bezeichnet werden. Dieselbe zählt vom Siedepunkte des Wassers aus die Grade abwärts, indem sie den Fundamentalabstand in 150 [412] Grade zerlegt. Um die verschiedenen Thermometerangaben miteinander vergleichen zu können, muß man die Angaben nach der einen Scala in solche nach jeder andern verwandeln können, welches durch eine einfache Rechnung geschieht. Um eine Angabe nach Fahrenheit'schen Graden in eine Angabe nach Réaumur'schen zu verwandeln, zieht man an der Zahl derselben 32 ab, multiplicirt die nun erhaltene Zahl mit 4 und dividirt sie mit 9; – um eine Angabe nach Celsius'schen oder hundertgradigen Graden in eine Angabe nach Réaumur'schen Graden zu verwandeln, multiplicirt man die Zahl mit 4 und dividirt mit 5; – um endlich eine Angabe nach Delisle'schen Graden in eine Angabe nach Réaumur'schen Graden zu verwandeln, zieht man die Zahl von 150 ab, multiplicirt sie mit 8 und dividirt mit 15. In der beistehenden Abbildung sind die drei wichtigsten Scalen auf eine leicht verständliche Weise zusammengestellt, und man kann dieselbe auch benutzen, um die Thermometerangaben ineinander zu übertragen. Genaue Untersuchungen und Beobachtungen haben gezeigt, daß das Quecksilberthermometer innerhalb des Fundamentalabstandes ganz genau richtige Angaben liefert, d.h. daß sich innerhalb dieser Temperaturen das Quecksilber genau in dem Verhältniß der Wärme ausdehnt. Bei höhern dehnt sich das Quecksilber unverhältnißmäßig stärker aus, als der Fall wäre, wenn die Ausdehnung der Wärme genau entspräche, und diese Unregelmäßigkeit wird um so stärker, je näher das Quecksilber seinem Siedepunkte kommt, sodaß auf diesem bei 280° R. das Quecksilberthermometer auf 288° R. zeigt. Auch in der Nähe des Frostpunktes (– 32° R.) treten Unregelmäßigkeiten ein. Das Weingeistthermometer ist in den höhern Temperaturgraden noch viel unregelmäßiger als das Quecksilberthermometer, dagegen ist es bei sehr tiefen Temperaturgraden dem Quecksilberthermometer vorzuziehen, indem es bei keinem uns bekannten Temperaturgrade gefriert. Auch die festen Metalle hat man zu Thermometern, sogenannten Metallthermometern, benutzt, doch stehen dieselben den Quecksilberthermometern an Brauchbarkeit nach. Für die Messung hoher Temperaturgrade, welche über dem Siedepunkte des Quecksilbers liegen, bedient man sich der sogenannten Pyrometer (s.d.).
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