[478] Thermometer (griech., Wärmemesser; hierzu Tafel »Thermometer« mit Text), Instrument zur Bestimmung des Wärmezustandes oder der Temperatur eines Körpers. Das T. ist wahrscheinlich von Galilei kurz vor 1600 erfunden und Thermoskop genannt worden; Santorio ist möglicherweise gleichzeitig und unabhängig darauf gekommen. Von einem eiförmigen Glasbehälter ging ein dünnes Glasrohr nach unten; erwärmte man den Behälter, tauchte das Rohr in Wasser und ließ abkühlen, so sog je nach der Erwärmung die sich zusammenziehende Luft eine meßbare Wassermenge ein. Zwischen 1622 und 1624 wurde der Name T. gebräuchlich. Seit 1630 führte der Arzt Jean Rey T. mit Wasserfüllung ein, und um 1641 erfand der Großherzog Ferdinand II. von [478] Toskana geschlossene Weingeistthermometer, bald darauf auch solche mit Quecksilber. Als Fundamentalpunkte der Skala benutzt man seit Hooke (1664) den Gefrierpunkt (Eispunkt, Frostpunkt) und seit Huygens (1665) auch noch den Siedepunkt des Wassers.
An jedem T. unterscheidet man Gefäß, Kapillarrohr, Skala und Hüllrohr. Das Gefäß soll dünnwandig sein und eine möglichst große Oberfläche besitzen, damit das T. rasch die Temperatur des zu untersuchenden Körpers annimmt; deshalb hat das Gefäß die Form einer Kugel, einer Walze, einer Gabel oder eines Rostes (Rostthermometer). Das Kapillarrohr hat zur bessern Ablesbarkeit flachovalen Querschnitt; seine lichte Weite richtet sich nach dem Füllungsmaterial (bei Alkohol weiter als bei Quecksilber) sowie nach dem Zweck des Thermometers; sie muß überall gleich sein, was durch Kalibrieren festgestellt wird. Die Skala wird bei guten Thermometern auf einer Milchglasplatte mit der Teilmaschine eingerissen und diese Platte unverrückbar nach Fueßschem Patent befestigt, oder die Skala wird auf der Kapillare eingeritzt, oder einem Streifen Papier aufgedruckt, oder endlich auf eine Holzplatte gezeichnet. Die Grade über dem Gefrierpunkt werden durch das Zeichen + (plus), die unter dem Gefrierpunkt durch (minus) bezeichnet. Je nach der Einteilung des Abstandes zwischen Gefrier- und Siedepunkt in 80,100 oder 180 Teile spricht man von Thermometern nach Réaumur, Celsius oder Fahrenheit. Letztere Skala ist die älteste (bald nach 1714) und geht von der Temperatur einer Kältemischung von Schnee und Salmiak (-32° C.) als Nullpunkt aus; die Blutwärme wurde gleich 8x12 = 96° gesetzt, woraus sich für den Gefrierpunkt des Wassers 32° und für den Siedepunkt 212° ergab. Réaumur (1730) setzte die Skala nach Untersuchungen mit wässerigem Alkohol auf 10001080, später auf 080° fest und erklärte sich gegen Quecksilberfüllung; seine Arbeiten bedeuteten gegen Fahrenheit einen großen Rückschritt. Die nach Celsius benannte Skala rührt von andern (Linné und Strömer) her; denn er schlug 1736 für den Gefrierpunkt 100° und für den Siedepunkt 0° vor, deshalb ist die Bezeichnung »C.°« besser als »Centigrad« statt als »Celsiusgrad« zu lesen. Um die Angaben einer der verschiedenen Skalen in eine andre zu übertragen, dienen folgende Formeln:
t°C. = 8/10 t°R. oder 9/5 t + 32°F.,
t°R. = 10/8 t°C. oder 9/4 t + 32°F.,
t°F. = 5/9 (t -32)°C. oder 4/9 (t -32)°R.
Die Umrechnung von F.° in C.° und R.° geschieht bequem so, daß man von F.° 32 abzieht, vom Rest die Hälfte nimmt und dazu deren 10., 100. u. s. w. Teil für C.° addiert und für R.° subtrahiert. Über den Siedepunkt des Wassers hinaus kann man die Teilung bis fast zum Siedepunkte des Quecksilbers (350°) ausdehnen. Verhindert man das Sieden des Quecksilbers durch die Gegenwart eines komprimierten Gases (Stickstoff oder Kohlensäure) im obern Teil der Röhre, so bleibt das Instrument auch bei noch höhern Temperaturen (bis 550°) brauchbar. Bei -40° gefriert das Quecksilber, und man bedient sich daher zur Messung niedrigerer Temperaturen des Alkoholthermometers, das ebenso wie das Quecksilberthermometer angefertigt und graduiert wird. Toluol hat sich zur Füllung nicht bewährt. Die technische Abteilung der Physikalischen Reichsanstalt in Charlottenburg und die Thermometerprüfungsanstalt in Ilmenau (Thüringen) übernehmen die Prüfung, Abstempelung und Beglaubigung von Thermometern. Das Hüllrohr schützt Kapillare und Skala; es trägt einen blaßvioletten Längsstreifen, wenn zu Gefäß und Kapillare Jenenser Thermometerglas (s. Glas, S. 886) verwendet wurde. Gewöhnliches Glas ruft durch den äußern Druck allmähliche Standerhöhungen bis zu 1° hervor, während das Jenenser Glas nur sehr geringe »thermische Nachwirkung« zeigt.
Um ein T. herzustellen, schmelzt man an eine kalibrierte Kapillare unten das Gefäß und oben ein trichterförmiges Rohrstück an, gießt in letzteres Quecksilber und treibt durch Erwärmen möglichst viel Luft aus dem Gefäß; beim Abkühlen wird das Quecksilber eingesogen. Durch nochmaliges Erwärmen dehnt es sich und füllt die ganze Röhre aus, die dann oben rasch zugeschmolzen wird. Luft im T. würde seine Angaben entstellen, das Quecksilber teilweise oxydieren und das T. durch Eindringen zwischen Teile des Quecksilberfadens unbrauchbar machen. Den Gefrierpunkt bestimmt man durch Eintauchen in schmelzendes Eis, den Siedepunkt durch Einstellen in Dampf von kochendem destillierten Wasser; der Raum zwischen beiden Punkten wird in 100 (80 oder 180) gleiche Teile geteilt. Änderungen dieser Fundamentalpunkte bei einem T. können durch Anbringung von Korrektionen in Rechnung gestellt werden. Gewöhnliche T. für Zimmer und Fenster zeigen oft Fehler bis zu mehreren Graden T. mit andauernd konstanten Korrektionen nennt man Normalthermometer. Solche T. können aber trotzdem fehlerhafte Angaben liefern, wenn sie nicht einwandfrei aufgestellt sind (s. Meteorologische Stationen, S. 702); bei Schleuderthermometern (s. beifolgende Tafel) und Aspirationsthermometern (s. Aspirationsinstrumente) sind solche Fehler besonders leicht zu vermeiden. Als Hauptnormal gilt das Wasserstoffthermometer. Über dieses und über T. für besondere Zwecke s. beifolgende Tafel. Vgl. Pernet, Thermometrie (mit zahlreichen Literaturangaben) in Winkelmanns »Handbuch der Physik«, Bd. 2, Teil 2 (Bresl. 1896); »Ostwalds Klassiker«, Bd. 57: Abhandlungen über Thermometrie von Fahrenheit, Réaumur und Celsius (Leipz. 1894); »Neudrucke von Schriften und Karten über Meteorologie«, Nr. 7: Torricelli (Berl. 1897); die von den meteorologischen Instituten herausgegebenen Anleitungen zu Beobachtungen (besonders die von Preußen, Österreich, Frankreich und England).
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